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Schweizer Biathlon Diese Kämpferin revolutionierte den Biathlon

Selina Gasparin ist die erfolgreichste Biathletin der Schweiz – wie hat sie das geschafft?

Selina Gasparin, die erste Schweizer Biathletin, die eine Olympiamedaille gewann, hat nicht nur Geschichte geschrieben, sondern auch den Weg für kommende Generationen geebnet.

Eine lachende Frau mit Pelzmütze zeigt ihre Silbermedaille.
Legende: Selina Gasparin ist die erfolgreichste Biathletin der Schweiz. 2014 gewann sie in Sotschi Silber. Keystone

Ihre Karriere war geprägt von einem einsamen Anfang, schwierigen Umständen und der unermüdlichen Entschlossenheit, Barrieren zu durchbrechen. Seit Anfang Jahr geht die Bündnerin noch einen Schritt weiter und kümmert sich als Cheftrainerin Nachwuchs bei Swiss Ski um die nächste Generation des Biathlons in der Schweiz.

«Champion der Champions» auf SRF 1 und Play SRF

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Sieben Sportler in schwarzer Kleidung posieren mit Reifen.
Legende: SRF/Valeriano di Domenico

Sieben ehemalige Spitzensportler leben für eine Woche zusammen in Andalusien und treten zu einem Wettkampf gegeneinander an.

Sie waren international die besten in ihrer Sportart: Patty Schnyder (Tennis), Daniel Albrecht (Ski), Stefan Angehrn (Boxen), Selina Gasparin (Biathlon), Donghua Li (Kunstturnen), Beat Hefti (Bob) und Franco Marvulli (Rad).

In der SRF-Sendung «Champion der Champions» zeigen die Sportler und Sportlerinnen jeden Freitagabend um 21 Uhr nochmals, was in ihnen steckt. Die ersten  fünf Folgen sind auf Play SRF verfügbar. Das Finale läuft am 27. Dezember um 21 Uhr auf SRF 1.

Ein einsamer Start im Männerteam

Als Gasparin ihre Biathlonkarriere begann, war sie die einzige Frau im Schweizer Weltcup-Team. «Es gab ein etabliertes Herrenteam, aber bei den Frauen war ich allein. Alles war auf die Männer ausgerichtet, ich war nur ein Anhängsel», erzählt sie im Gespräch.

Wäre meine Schwester nicht ins Team gekommen, hätte ich vielleicht nicht weitergemacht.
Autor: Selina Gasparin Biathlon-Pionierin

Gasparin hatte andere Trainingszeiten, ass nicht mit ihren Kollegen zusammen und war allein in ihrem Zimmer. Sie fühlte sich oft einsam und ausgeschlossen, obendrauf herrschte dazumal eine Teamkultur, in der auch mal primitive Sprüche von sich gegeben wurden. Der Wendepunkt kam 2011, als ihre jüngere Schwester Elisa zum Team stiess. «Endlich war ich nicht mehr allein. Wäre meine Schwester nicht ins Team gekommen, hätte ich vielleicht nicht weitergemacht.»

SRF-Biathlon-Kommentator über Gasparin

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Ein Mann mit einer türkisfarbigen Daunenjacke und Kopfhörern in den Händen.
Legende: SRF/Oscar Alessio

«Selina Gasparin hat unglaublich viel Pionierarbeit für den Biathlonsport geleistet. Sie war die erste Schweizerin, die einen Weltcup-Sieg errungen hat, und ist immer als Kämpferin bekannt gewesen. Sie hat Schmerzen nicht nur ertragen, sondern regelrecht gemeistert – in der letzten Runde konnte niemand so beissen wie sie. Ihre Härte und ihr Ehrgeiz waren beispielhaft, gerade weil sie relativ spät mit dem Schiessen begonnen hat. Was sie an Defiziten hatte, hat sie mit läuferischer Stärke und ihrem unglaublichen Einsatz kompensiert. Mit ihrer Einstellung und Leidensfähigkeit war sie immer ein Vorbild für die jüngeren Athletinnen», sagt Manuel Köng, SRF-Biathlon-Kommentator.

Mit den Junioren statt mit den Männern

Die fehlende Anerkennung des Frauen-Biathlons zeigte sich auch als mehr Frauen ins Team kamen. Gasparin und ihre Teamkolleginnen wurden zu den Junioren geschickt, weil sie zu viele waren, um mit dem Männerteam zu trainieren. «Das hätte das Herrenteam stören können», erzählt die 40-Jährige aus Samedan GR.

Der Durchbruch kam 2014, als Gasparin in Sotschi Silber gewann. «Das war der grösste Meilenstein für den Biathlon als Frauensport.» Erst nach diesem Erfolg wurde ein eigenes Elite-Frauenteam gegründet. Nach Gasparins Weltcup-Sieg wurden die Bedürfnisse der Athletinnen wahrgenommen und respektiert. Darauf ist sie besonders stolz.

Rückkehr nach der Geburt: mehr als ein Comeback

Mit ihrer Silbermedaille in Sotschi 2014 revolutionierte Gasparin den Frauen-Biathlon – doch für sie persönlich liegt der wahre Triumph darin, nur fünf Monate nach der Geburt ihrer zweiten Tochter eindrucksvoll auf Rang 9 an den Weltmeisterschaften zurückzukehren. «Ich wusste, mit 34 habe ich nicht mehr viel Zeit», erklärt die Bündnerin. Andere Frauen im Biathlon haben ihr gezeigt, dass eine schnelle Rückkehr möglich sei – das habe sie inspiriert.

Mit einem Baby zu trainieren, habe enorme Organisation und Disziplin erfordert – Gasparin würde keiner Athletin empfehlen, während der Karriere Kinder zu bekommen. Jedoch ist sie überzeugt, dass die Doppelbelastung mit einem Kind, viele Frauen erfolgreicher machen könnte. «Man investiert so viel Zeit, die man nicht mit seinen Kindern verbringt – das macht man nur, wenn man wirklich erfolgreich sein will», so Gasparin.

Inspiration und Vermächtnis

Heute, mit 40 Jahren, blickt Selina Gasparin auf eine aussergewöhnliche Karriere zurück. Als Pionierin ebnete sie den Weg für den Frauen-Biathlon in der Schweiz, kämpfte gegen Vorurteile und etablierte eine neue Kultur im Sport. «Es fühlt sich gut anzusehen, wie sich der Sport entwickelt hat. Es gibt keine Rückschritte, und das Frauen-Biathlon-Team ist heute eine Selbstverständlichkeit.» Selina Gasparin ist nicht nur die erfolgreichste Schweizer Biathletin, sondern auch ein Vorbild für die nächste Generation.

SRF 1, Champion der Champions, 6.12.2024, 21 Uhr ; 

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