Schlafende Löwen sollte man nicht wecken. Das gilt offenbar nicht nur in der Savanne, sondern auch in den Eishockey-Stadien des Landes. Denn nachdem Biel die ZSC Lions gekitzelt hatte, in der Viertelfinal-Serie der Playoffs erst mit 2:0 und dann 3:2 vorlegte, reagierten die Zürcher heftig: Von den letzten elf Playoff-Spielen verloren die Zürcher nämlich nur noch eines.
Tatsächlich erinnern die Lions spätestens seit den Halbfinals an ein Raubtier, welches seine Beute geduldig jagt – und schliesslich im letzten Moment zuschlägt. Drei der vier Siege über Freiburg kamen in der Verlängerung zustande. Und auch in den Final-Duellen mit Zug fielen die entscheidenden Tore jeweils erst in den Schlussminuten, respektive -sekunden, immer nach einem Rückstand.
Diese Geduld, diese Wachheit im entscheidenden Moment, sind Stärken, die die Zürcher in der finalen Phase der Meisterschaft für sich entdeckt haben. Eine andere sind die Special Teams: Drei der fünf Tore gegen den EVZ fielen bislang im Powerplay, ein weiteres bei sechs gegen fünf. Gegentreffer in Unterzahl? Fehlanzeige!
Meistermacher Malgin?
Eng mit dem aktuellen Hoch und den Meisterträumen in der Limmatstadt verbunden ist Denis Malgin. Als der ZSC 2018 seinen letzten Meistertitel feierte, war der Siegtorschütze vom Mittwoch weit weg von Zürich. Der hochbegabte Stürmer hatte die Lions zwei Jahre zuvor in Richtung Nordamerika verlassen, um sein Glück in der NHL zu versuchen. Mit 19 debütierte er bei den Florida Panthers in der weltbesten Eishockey-Liga.
Danach bestritt er in vier Saisons über 190 NHL-Spiele und sammelte dabei 60 Skorerpunkte, ehe er vor zwei Jahren bei Toronto aufs Abstellgleis geschoben wurde und daraufhin in die Schweiz zurückkehrte. Nach einem Jahr in Lausanne läuft er seit dieser Saison wieder für die ZSC Lions auf.
Der Entscheider: Vier Game-Winner in den Playoffs
Als Königstransfer gefeiert wurde Malgin seinen Vorschusslorbeeren bei seiner Rückkehr zu seinem Juniorenverein schnell einmal gerecht. Mit 21 Goals war er in der Qualifikation nicht nur der beste Torschütze im ZSC-Dress, sondern auch Topskorer seines Teams. Auch in den Playoffs ist der wirblige, pfeilschnelle Angreifer für die Mannschaft von Rikard Grönborg ein unverzichtbarer Wert. Das 2:1 gut drei Minuten vor Schluss des zweiten Finalspiels gegen Zug war bereits Malgins vierter Siegtreffer in diesen Playoffs. In der Halbfinalserie gegen Fribourg-Gottéron entschied er die Spiele 1 und 3 jeweils in der Verlängerung.
SRF-Eishockey-Experte Mario Rottaris schwärmte: «Der ZSC hat mit ihm einen Killer, der die Game-Winner riecht.» Auf die Frage, weshalb er und sein Team auch nach Rückständen die Ruhe bewahren, bediente sich Malgin am Mittwoch im SRF-Interview einer Floskel. «Es ist Hockey. Das Spiel dauert 60 Minuten oder länger», sagte er und fügte an: «Wir verfallen nie in Hektik.»
Ein Trio auf einer Mission
Geduld beweisen musste Malgin schon in der mit 4:3 gewonnenen Viertelfinalserie gegen Biel, als er in Spiel 3 nach einem Check von Noah Schneeberger verletzt ausgefallen war und auch die darauffolgende Partie verpasste. Seither sorgt er mit seinen Linienkollegen Sven Andrighetto und Denis Hollenstein im Offensivspiel der Lions aber praktisch Abend für Abend für die Glanzlichter. Doch Malgin und seine beiden Sturmpartner vereinen etwas: Sie alle wurden bei den Profis noch nie Meister.
Kann das Trio mit dem ZSC seine Pace hoch halten, könnte sich dies jedoch schon bald ändern. Gewinnen die Lions am Samstag in Zug auch das dritte Finalspiel, könnten sie am Sechseläuten-Montag vor Heimpublikum den zehnten Meistertitel der Klubgeschichte perfekt machen. Es wäre für den «Zett» ein mehr als würdiger Abschied vom Hallenstadion – und für Malgin der vorläufige Höhepunkt nach seiner Rückkehr aus Nordamerika.