So richtig überrascht ist Lars Weibel nicht. Der Direktor der Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft zeigt sich vielmehr ernüchtert, dass die Befürchtungen und Sorgen sich schon bewahrheitet haben: Wegen der Ausländeraufstockung (pro Team von 4 auf 6) erhalten Schweizer Spieler in der National League weniger Eiszeit.
Die Saison ist mit fünf, sechs Partien pro Team zwar noch jung, «doch es zeigt sich die klare Tendenz, dass Ausländer forciert werden und Schweizer weniger Verantwortung übernehmen dürfen», sagt Weibel. So wurden im Powerplay bislang 20 Schweizer eingesetzt, wenn man pro Klub jeweils die Top 5 betrachtet – in der vergangenen Spielzeit waren es noch 26. Dies ergibt einen Rückgang von 40 auf 28,6 Prozent an Schweizer Powerplay-Spielern.
Nachwuchs wird besonders leiden
Mit Blick aufs Nationalteam nimmt Weibel diese Entwicklung mit Besorgnis zur Kenntnis – besonders in Bezug auf junge Spieler. «Wir haben in den letzten Jahren viel Zeit und Geld in den Nati-Nachwuchs investiert, zum Beispiel mit dem Prospect Camp. Das ist nun ein Rückschlag.» Weniger Eiszeit – gerade in wichtigen Situationen wie im Powerplay – bedeutet weniger Erfahrung. Weniger Erfahrung bedeutet weniger Klasse.
Im A-Nationalteam könne man das kurzfristig noch kompensieren. «Doch auf Stufe U18 und U20 werden wir leider Gottes Schaden davontragen», warnt der Nati-Direktor.
Was dazukommt: Weibel erwartet, dass im Verlaufe der Saison Schweizer noch weniger eingesetzt werden. «Es wird in der Liga um immer mehr gehen, der Druck wird steigen. Ich erwarte ganz klar keinen Gegentrend.» Das Argument, dass mehr Ausländer den Konkurrenzkampf beleben, lässt er auch nicht gelten. «Um konkurrenzieren zu können, müssen die Schweizer überhaupt erst Eiszeit erhalten.»
Weibel will gegensteuern
Weibel will dieser Entwicklung nicht tatenlos zuschauen. Der 48-Jährige sucht den Austausch mit den Klubs und macht sie immer wieder auf dieses wichtige Thema aufmerksam. «Es ist auch unsere Verantwortung als Verband, das Schweizer Eishockey zu fördern. Das Produkt ist schon super, wir müssen es aber schützen, wenn wir gemeinsam in die richtige Richtung gehen wollen», betont er.
Viel mehr, als mit den Klub-Bossen über die Problematik zu sprechen, kann der Nati-Direktor aber nicht tun. Die Entscheidung über mehr Eiszeit für Ausländer oder Schweizer liegt bei den Vereinen.