Der Blick in die Presse am Tag nach dem abrupten Turnierende für die Schweizer Nationalmannschaft mit einem diskussionslosen 1:6 gegen Portugal im WM-Achtelfinal offenbart Folgendes: Kein Mitleid stattdessen viel Tadel ...
- für die dürftige Leistung,
- den erschreckend matten Auftritt in Lusail
- und das Selbstverständnis der Nati, das stark divergiert zum letzten Eindruck an der Endrunde in Katar.
Entsprechend erbarmungslos liest sich die Schlagzeile im Tages-Anzeiger:
Sie wollten die Welt erobern und erleben ein Debakel
Auf der Titelseite lässt die Zeitung gar noch etwas Häme durchblicken: «Das Schweizer Nationalteam hatte sich für den Achtelfinal Historisches vorgenommen. (...) Denkwürdig wurde der Abend dann auch – allerdings nicht so, wie Trainer Murat Yakin, seine Spieler und die Schweizer Fans sich das vorgestellt hatten. Denn die Schweiz scheidet mit 1:6 krachend aus.»
Der Trainer im Gegenwind
Der Blick beschwichtigt in seinem Kommentar: «Die Niederlage ist keine Schande. Portugal ist in Katar angetreten, um Weltmeister zu werden. Trotzdem sind die Art und Weise des Ausscheidens und die Höhe der Niederlage eine riesige Enttäuschung.»
Die Boulevard-Zeitung glaubt auch den Grund für das kollektive Versagen zu kennen:
Coach Murat Yakin hat sich verzockt. Der Versuch mit der Dreierkette ging komplett schief.
Bei dieser Erkenntnis bekommt der Blick Support vom Tages-Anzeiger. In den Produkten von Tamedia ist nämlich zu lesen, dass am Anfang des Debakels die Aufstellung des Trainers steht. «Yakin stellt für diesen Match sein Personal gezwungen und ungezwungen anders auf. (...) In den ersten drei WM-Partien hat Yakin auch eigenwillig gecoacht. (...) Aber im Achtelfinal macht er fast alles falsch, das ist schon nach wenigen Minuten offensichtlich.»
Die Frage nach dem Warum
Die NZZ dagegen nimmt auch die Mannschaft in die Pflicht. Entsprechend gibt sie den misslungenen Dienstagabend in der Wüste wie folgt wieder:
«Die Geschichte handelt von einer Mannschaft, die sich ermattet, saft- und kraftlos dem Gegner ergibt, allen voran der Captain Granit Xhaka. Sie erzählt von Schweizern, die alles vermissen lassen, was es braucht, um nur schon im Ansatz einen WM-Achtelfinal ausgeglichen zu gestalten. Sie handelt von einer Demütigung statt von einer schönen Geschichte, an die man sich mit Freude erinnert.»
Irritierend war das Totalversagen auch, weil es einen krassen Bruch bildet.
Das Medium veranschaulicht sein Gefühl einer Zäsur, indem es nochmals an die Leistungen erinnert, welche die Schweizer bisher an diesem Turnier, aber auch in der WM-Qualifikation und in einem oder anderen Spiel der Nations League gezeigt haben. Diese hätten nicht auf eine solche Enttäuschung hingedeutet. Denn: «Dort weckten sie den Eindruck, dass sie das eigentlich können, von dem sie immer gesprochen haben: Gegen die Grossen bestehen, gegen die Starken Widerstand leisten.»
Der Frust der Fans
Die Aargauer Zeitung fasst zusammen: «Das Resultat ist genau das, was die Schweizer verdienen. Wobei es auch noch ein siebtes oder achtes Gegentor hätte geben können. Es ist schlimm genug, zum dritten Mal in Serie einen WM-Achtelfinal zu verlieren. Aber auf diese Art und Weise? Ohne den Ansatz von Drama. Ohne jegliche Emotionen. Das ist ziemlich hart zu ertragen für all jene, die ihr Herz dem Nationalteam geschenkt haben.»