Wer mit grossen (so formulierten) Ambitionen in einen WM-Achtelfinal geht und dann mit 1:6 auf die Welt kommt, dem weht unausweichlich Kritik entgegen. Vergessen darf man dabei nicht, dass die Portugal-Pleite für die Schweiz nur eine Momentaufnahme in einem soliden WM-Turnier ist.
Unter diesen beiden Prämissen ist die Bilanz-Medienkonferenz der Nati am Tag nach dem Ausscheiden an der WM in Katar wohl besser einzuordnen.
Zugegen waren SFV-Präsident Dominique Blanc, Nationalteam-Direktor Pierluigi Tami und der Trainer, Murat Yakin. Den teils schärferen Fragen der anwesenden Journalisten musste sich in erster Linie Yakin stellen, der am Ende auch leicht angesäuert den Medienraum in Doha verliess. Aber der Reihe nach.
Vor allem die folgenden zwei Punkte sorgten für Zündstoff:
- Die Causa Lotomba/Mbabu
Bekannt war: Die Aussenverteidiger Jordan Lotomba (Nizza) und Kevin Mbabu (Fulham), beide bei ihren Klubs keine unumstrittenen Stammspieler, waren für die Endrunde in Katar nicht berücksichtigt worden. Und klar ist neu auch: Die Aussenbahnen, mit dem von Yakin aufgebotenen Kader nur spärlich abgedeckt, trugen Mitschuld am Achtelfinal-Debakel.
Nun brachten Journalisten aus der Westschweiz, der Heimat der beiden Übergangenen, eine neue Facette ins Gespräch: Hatte ein Kartenspiel Einfluss auf die Nicht-Nomination?
Rückblende: Lotomba und Mbabu wurden zuvor bei einem Nati-Zusammenzug aus dem Kader gestrichen. Den Grund bestätigte Yakin: «Sie haben vor Publikum in der Lobby Karten gespielt», so der Trainer, der sogleich aufräumte: «Es war eine einmalige disziplinarische Massnahme. Die Aktion hatte keinen Einfluss auf meine Entscheidung, die beiden nicht mitzunehmen.»
- Die direkte Kritik der Spieler
Yakin ist die Beziehung zu seinen Schützlingen schon immer am Herzen gelegen. Am Mittwoch betonte der 48-Jährige erneut, dass er bereits im Vorfeld von Katar «die Spieler in die Prozesse eingebunden» und ihnen teils gar «einen Besuch abgestattet» habe, um den Draht zu ihnen zu finden. Das wolle er auch in Zukunft beibehalten.
Wieso er überhaupt auf die Beziehung Trainer-Spieler zu sprechen kam? Nach dem Portugal-Spiel äusserten sich diverse seiner Akteure verhalten kritisch gegenüber den Entscheidungen des Trainers.
Als dies an der Medienkonferenz thematisiert wurde, sprang erst Tami ein: «Wir verstehen das natürlich. Die Kritik sollte nicht unbedingt so passieren, aber manchmal passiert das.» Yakin, selbst ehemaliger Profi, weiss auch, dass es nach einer solchen Pleite gerne mal emotional zu und her gehen könne.
Ist Shaqiri kein Führungsspieler?
Beteuerungen hier, Emotionen da also. Doch Unklarheiten bleiben. So behauptete Yakin wie bereits kurz nach dem Achtelfinal, seine System-Anpassungen seien «mit den Führungsspielern abgesprochen» gewesen, entgegen zum Beispiel der Behauptung von Führungsspieler Xherdan Shaqiri. Auf die Nachfrage eines Journalisten, wer denn diese eingeweihten Führungsspieler konkret seien, meinte der Chef nebulös: «Die Führungsspieler halt.»
Klar und ernüchternd fiel derweil die sportliche Bilanz der Nati-Führungsriege aus. So sagte Tami: «Wir hatten ein Ziel formuliert, und dieses haben wir verpasst.» Die Leistung habe einmal mehr in einem Achtelfinal nicht gestimmt. Als positives Zeichen sehen Tami und Co. die 6 Punkte aus den Gruppenspielen.