Im Ziel nach seinem historischen Triumph im WM-Strassenrennen in Zürich konnte Tadej Pogacar kaum fassen, was er gerade erreicht hatte. Mit einer Attacke mehr als 100 km vor dem Ziel ebnete sich der 26-jährige Slowene den Weg zum Titel. Es war ein Angriff, der alle im Feld überraschte – im Nachhinein gar den Protagonisten selbst: «Ich weiss nicht, was ich da gedacht habe.»
Geplant sei diese «vielleicht dumme» frühe Attacke «natürlich» nicht gewesen: «Wir wollten das Rennen eigentlich kontrollieren.» Da die Action mit einer gefährlichen Fluchtgruppe aber früh begann, sei er «mit dem Flow» gegangen. Und obwohl Pogacar gegen Ende des Rennens sichtlich leiden musste, durfte er sich in Zürich letztlich souverän das Regenbogentrikot überstreifen lassen: «Zum Glück ist es aufgegangen.»
Vorstoss in erlesenen Zirkel
Mit dem WM-Titel hat der Slowene eine Saison, die ohnehin schon reich an Höhepunkten gewesen war, endgültig gekrönt. Pogacar stösst damit in einen erlesenen Zirkel vor. Er ist nach der belgischen Radsportlegende Eddy Merckx (1974) und dem Iren Stephen Roche (1987) erst der dritte Fahrer, der in einem Jahr den Giro d'Italia, die Tour de France sowie den Weltmeistertitel auf der Strasse gewinnt. Im Alter von 26 Jahren hat Pogacar damit bereits Legendenstatus erreicht.
«Das bedeutet viel», sagte Pogacar im Interview nach dem Rennen. Nach vielen Jahren, in denen die Tour de France und andere Rennen im Fokus gestanden hätten, sei es in diesem Jahr «nach einer perfekten Saison» das grosse Ziel gewesen, diesen Titel zu holen. «Ich kann nicht glauben, dass es geklappt hat.»
Ziele gehen nicht aus
Und auch wenn diese Saison Pogacars erfolgreicher war als kaum eine andere in der Geschichte des Radsports, verfolgt der Slowene ein weiteres Ziel im 2024. An der Lombardei-Rundfahrt am 12. Oktober hat der frischgebackene Weltmeister vor, erstmals im Regenbogentrikot zu fahren und das italienische Monument zum 4. Mal in seiner Karriere zu gewinnen.
Der Hunger nach immer mehr Erfolgen sowie die nicht zu übersehende Freude an den vielen Facetten des Sports ist, was Pogacar auszeichnet. So gehen ihm auch die Ziele nicht aus. Neben Mailand-Sanremo, das er schon mehrere Male erfolglos zu gewinnen versuchte, hat der Ausnahmekönner auch schon eine mögliche Teilnahme bei Paris-Roubaix später in seiner Karriere ins Feld geführt.
Unabhängig davon, ob das jemals eintrifft, ist klar: Der Slowene ist ein Phänomen, das im Radsport einmalig ist und den Olymp, den er in Zürich endgültig erklommen hat, neu definieren könnte.