Unfairer Vergleich
Es versteht sich von selbst: Der Vergleich zwischen Peter Müller 1980 und Beat Feuz 2018 hinkt, und er soll in keiner Weise die Leistung von Peter Müller schmälern. Das Rennmaterial sowie die Pistenpräparation haben sich in den letzten 40 Jahren markant weiterentwickelt. Die Physis vieler Fahrer ist heute auf höherem Niveau, Training, Kraftaufbau und Ernährung werden bis ins kleinste Detail analysiert, geplant und auf die einzelnen Fahrer angepasst.
Die Strecke von 1980 ist verglichen mit der heutigen wesentlich gefährlicher, viele Stellen waren nicht mit Sicherheitsnetzen ausgestattet und viel schmaler als in der heutigen Ausgabe. Oft wurden Auffangbecken mit Heuballen gestaltet. Wurden diese feucht, gefror der Heuballen und war bei Rennbeginn hart wie Beton.
Ein Streckenrekord für die Ewigkeit?
In den letzten Jahren stiegen die Höchstgeschwindigkeiten bei den Abfahrten im alpinen Skirennsport immer weiter. Dennoch fallen die Streckenrekorde nicht reihenweise. Die Fahrer werden durch die Rennleitung gezielt gedrosselt. Die Entschärfung riskanter Stellen, zusätzliche Richtungsänderungen, mehr Tore sowie das Abtragen von Sprüngen sollen die Rennen sicherer machen.
Sie haben aber auch zur Folge, dass der Streckenrekord von 2:24.23 Minuten aus dem Jahre 1997 wohl eine Bestmarke für die Ewigkeit bleibt. Der italienische Rekordhalter Kristian Ghedina, der damals im Ziel vor Erschöpfung nicht einmal mehr abbremsen kann und in die Absperrung fährt, sagte damals selbst: «Diesen Rekord wird mir niemand mehr entreissen.»
Beat Feuz ist 2018 mit seinen 2:26.50 Minuten nahe dran am Rekord, in der Regel kommen die Sieger der letzten Jahre aber mit einer Zeit knapp über 2:30 Minuten ins Ziel – wobei sie in bester Gesellschaft mit der Skilegende Peter Müller sind.
Wie viel schneller ist Feuz wirklich?
Der direkte Zeitvergleich zwischen den beiden Fahrern ist unmöglich und bleibt eine Spielerei. Es gibt aber einige Faktoren, welche eine ungefähre Rechnung ermöglichen.
Das Lauberhornrennen ist über die Jahre hinweg nicht nur sicherer, sondern durch die andere Streckenführung auch länger geworden. Peter Müller fährt 1980 eine Strecke über 4240 Meter. Heute ist die Strecke je nach Kurslegung rund 210 Meter länger (4450 m). Bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 29 Meter pro Sekunde machen die zusätzlichen Meter 7 Sekunden aus.
Rechnet man hier noch Schikanen wie den Silberhornsprung (ca. 0.5 Sekunden), den kurvenreicheren Startabschnitt (1 Sekunde) oder Langentrejen (0.5 Sekunden) hinzu, dauert das Rennen von Beat Feuz rund 9 Sekunden länger. Trotzdem nimmt er am Ende Peter Müller vier Sekunden ab. Ergo käme Peter Müller mit der Verfassung und dem Material von 1980 wohl rund 13 Sekunden nach Beat Feuz ins Ziel.
Nicht zwingend besser – aber schneller
Die oben genannten Zahlen sind Schätzungen von SRF in Zusammenarbeit mit Rennleiter Bob Lehmann. Faktoren wie die aktuelle Verfassung des Fahrers, das Material, das Wetter (sonnig oder bewölkt), die Pistenhärte- und -qualität – das alles hat einen grossen Einfluss auf die Zeit.
Nichtsdestotrotz lässt sich sagen: Heutige Rennfahrer sind dank zahlreicher kleiner Faktoren nicht zwingend besser – aber sicher um einiges schneller. Viel wichtiger ist aber, dass sie sicher ins Ziel kommen. Und beim grossen Triumph vom Lauberhorn ist es den Fahrern am Ende egal, wie schnell sie waren – Hauptsache, am schnellsten.