Fast genau ein Jahr ist es her, dass Marco Odermatt auf dem Sessellift in Adelboden die Tränen gekommen sind. Er war vor dem Riesenslalom am Chuenisbärgli der grosse Favorit, die ganze Schweiz sehnte seinen Sieg herbei. Und am meisten tat dies der Nidwaldner selbst.
Er wollte sich diesen Kindheitstraum im Heim-Klassiker unbedingt erfüllen, so unbedingt, dass ihn die Emotionen vor den Läufen übermannten. «Das passiert mir sonst nie», sagte Odermatt damals. Doch nach den Tränen kam der Triumph – der Sieg am Chuenisbärgli bedeutete ihm alles.
Jetzt ist der 25-Jährige zurück im Berner Oberland, am Samstag steht wieder der Riesenslalom an. «Es hat gekribbelt, als wir in Adelboden ankamen», erzählt der Gesamtweltcupführende, «aber es war definitiv ganz anders als letztes Jahr.»
«Ich bin schon Adelboden-Sieger. Das kann mir niemand mehr nehmen. Deshalb geht es mir heuer viel besser, und ich bin um einiges lockerer», erzählt der Innerschweizer mit einem Lachen.
Seine Gefühlslage ist also etwas anders als im vergangenen Jahr, während die sportliche Ausgangslage aber gleich aussieht: Odermatt, der diese Saison bislang 3 Riesenslaloms gewonnen hat und im 4. ebenfalls auf dem Podest gestanden ist, startet als der grosse Favorit.
Es tut irgendwo ein bisschen weh, dass wir hier kein Winter-Wunderland sehen.
Natürlich wolle er wieder gewinnen, der Druck sei immer da. «Aber dieses Jahr ist hier nicht mehr Druck da als bei allen anderen Rennen.»
Odermatt stellt sich auf ein frühlingshaftes Rennen ein. Dass es nicht minus 10 Grad und der Schnee eher weich sein werde, wüssten inzwischen alle. In Adelboden ist es bekanntlich – wie in den meisten Schweizer Skigebieten – nicht sehr winterlich.
Die Weltcup-Piste ist im Dorf das einzig Weisse, rundherum sind nur grüne Wiesen zu sehen. Die Rennen sollen aber stattfinden. «Natürlich tut es irgendwo ein bisschen weh, dass wir hier kein Winter-Wunderland sehen», sagt der 25-Jährige. «Aber das ist unser Job, und wir können hier Skifahren – das ist für uns per se das Wichtigste.»
Nur zu gerne würde er seinen grossen Triumph am Chuenisbärgli wiederholen. Diesmal mit massiv weniger Last auf den Schultern und ohne Tränen.