Wuhan, «Ground Zero» der Pandemie – im Winter vor fünf Jahren tauchen in der chinesischen Millionenmetropole viele Patienten und Patientinnen mit einer mysteriösen Lungenkrankheit auf. Rasch verbreitet sich Coronavirus Sars-CoV-2 weltweit. Als es am 28. Februar 2020 auch in der Schweiz 13 Infizierte gibt, verbietet der Bundesrat alle Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern – darunter auch die Basler Fasnacht und den Genfer Autosalon.
Dies waren hierzulande die ersten Schutzmassnahmen gegen das Coronavirus und der Beginn der verheerenden Seuche mit Sars-CoV-2, die unser aller Leben einschneidend verändert hat. Zu jener Zeit konnte noch niemand das wirkliche Ausmass der Pandemie erahnen, die rund um den Globus viele Millionen Todesfälle verursachte.
Am 16. März 2020 kündigt die damalige Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga den Lockdown an. Restaurants und Bars werden geschlossen, Homeoffice und Homeschooling angeordnet, Kontakte auf ein Minimum beschränkt, zum Teil Quarantäne und Isolation verhängt. Dennoch sind kurz nach Beginn der Massnahmen die Intensivstationen bereits überfüllt.
Corona-Pandemie – Eindrücke einer Welt im Ausnahmezustand
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Bild 1 von 11. Leben retten: Wer schwer an Covid-19 erkrankt ist, braucht künstliche Beatmung auf der Intensivstation. Bildquelle: KEYSTONE/Anthony Anex.
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Bild 2 von 11. Operation Desinfektion: Um das Virus zu vernichten, wird in Kolumbien die bekannte Salzkathedrale Zipaquirá, nördlich von Bogotá, besprüht. Bildquelle: ALAMY/Daniel Garzon Herazo.
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Bild 3 von 11. Kollektive Tragödie: Zu Beginn der Pandemie rollten Militärlastwagen mit Särgen von Corona-Toten durch die norditalienische Stadt Bergamo. Bildquelle: IMAGO/Independent Photo Agency Int.
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Bild 4 von 11. Temperatur messen: Das Mädchen darf den Klassenraum in einer Schule in Kaschmir nur betreten, wenn sie fieberfrei ist. Bildquelle: GETTY IMAGES/Nasir Kachroo.
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Bild 5 von 11. Grosser Applaus: Gemeinsam klatschen Menschen von ihren Balkonen aus, um sich für den ausserordentlichen Einsatz des medizinischen Personals in den Spitälern zu bedanken. Bildquelle: GETTY IMAGES/Corbis.
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Bild 6 von 11. Wuhan, Ausgangspunkt der Pandemie: Die Mega-City wird Ende Januar 2020 zu einem der strengsten Quarantäne-Gebiete überhaupt. Doch das Virus hat sich bereits global verbreitet. Bildquelle: GETTY IMAGES/VFOTO.
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Bild 7 von 11. Der Segen urbi et orbi: In einer historisch beispiellosen Geste hat Papst Franziskus allein auf dem verlassenen Petersplatz für ein Ende der Corona-Pandemie gebetet. Bildquelle: GETTY IMAGES/Vatican Pool.
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Bild 8 von 11. Kein direkter Körperkontakt: Um seine Liebsten im Spital noch umarmen zu können, wurden «Kuschelvorhänge» aufgehängt. Bildquelle: IMAGO IMAGES.
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Bild 9 von 11. Verbarrikadierte Grenzen: Ein Paar trifft sich Anfang April 2020 zwischen dem deutschen Konstanz und Kreuzlingen in der Schweiz. Bildquelle: KEYSTONE/Gian Ehrenzeller.
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Bild 10 von 11. Intensivstation im Zug: Um stark betroffene Kliniken zu entlasten, werden in Frankreich Corona-Infizierte auch mit umgebauten TGVs in andere Spitäler transportiert. Bildquelle: BLOOMBERG VIA GETTY IMAGES/Nathan Laine.
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Bild 11 von 11. Menschenleere Plätze: Um die Ausbreitung des Virus zu stoppen, wirkt der ansonsten so umtriebige Zürcher Verkehrsknotenpunkt «Central» während des Lockdowns wie ausgestorben. Bildquelle: KEYSTONE/Ennio Leanza.
«Das Thema Corona ist zwar inzwischen mehrheitlich aus unserem Alltagsbewusstsein verschwunden», sagt der Neurowissenschaftler Dominique de Quervain von den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel. Das bedeute aber nicht, dass die Pandemie vergessen sei. Zudem hänge es auch stark davon ab, wie intensiv und emotional die persönlichen Erlebnisse damals gewesen seien.
Einige Personen haben durch Corona dramatische Schicksalsschläge erlitten: nahestehende Menschen verloren oder ihre Arbeitsstelle. Das bleibt bei den Betroffenen für immer in Erinnerung. Aber vielleicht speichert der eine oder andere für sich auch das eher unangenehme Gefühl der langen Rachenstäbchen für die Corona-Tests oder das Schlangestehen für die ersten Covid-19-Impfungen ab. Denn je nach dem wie sehr uns etwas damals beschäftigt hat, erinnern wir uns unterschiedlich lang.
Rückblickend wie im Zeitraffer
Die Pandemie hatte verschiedene Phasen, die sich auch unterschiedlich auf unser Zeitgefühl ausgewirkt haben. Das heisst, mal verging die Zeit blitzschnell und mal zog sie sich geradezu unerträglich in die Länge wie ein dehnbarer Kaugummi. Es gab sehr ereignisreiche Tage, zum Beispiel die ersten Tage des Lockdowns. «Diese Tage vergingen in dem Moment schnell wie im Zeitraffer», sagt de Quervain. «Rückblickend erscheinen sie jedoch viel länger, als sie eigentlich waren.»
Denn die meisten Leute mussten sich zum Beispiel zuerst völlig neu organisieren: Arbeitsplatz einrichten, Kinderbetreuung organisieren, viele erkrankten selbst an Corona oder kümmerten sich intensiv um jemanden aus der Familie.
Dann gab es aber auch schrecklich monotone Phasen, die langweilig und ewig waren. «Im Nachhinein schrumpfen diese auf eine kurze Zeitspanne zusammen», sagt de Quervain. Also Zeitlupe im Moment, Zeitraffer im Rückblick. Denn es gäbe auch nicht viele Erinnerungen oder Ankerpunkte.
Dass viele Dinge in unserem Gedächtnis irgendwann verblassen und in den Hintergrund rücken, macht auch Sinn. Denn unser Archiv im Kopf muss entrümpelt werden, um handlungsfähig zu bleiben.
Im Rückblick markiert die Pandemie, die im Mai 2023 von der WHO nicht mehr als «internationaler Gesundheitsnotstand» erklärt wurde, auch eine neue Zeitrechnung: Oft fragt man sich nun, war das noch vor, während oder nach Corona?