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Fünf Jahre Corona Wie die Pandemie unser Zeitgefühl und Gedächtnis verändert hat

Vor fünf Jahren beschloss der Bundesrat erste Schutzmassnahmen vor dem Coronavirus. An was können wir uns noch erinnern?

Wuhan, «Ground Zero» der Pandemie – im Winter vor fünf Jahren tauchen in der chinesischen Millionenmetropole viele Patienten und Patientinnen mit einer mysteriösen Lungenkrankheit auf. Rasch verbreitet sich Coronavirus Sars-CoV-2 weltweit. Als es am 28. Februar 2020 auch in der Schweiz 13 Infizierte gibt, verbietet der Bundesrat alle Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern – darunter auch die Basler Fasnacht und den Genfer Autosalon.

Dies waren hierzulande die ersten Schutzmassnahmen gegen das Coronavirus und der Beginn der verheerenden Seuche mit Sars-CoV-2, die unser aller Leben einschneidend verändert hat. Zu jener Zeit konnte noch niemand das wirkliche Ausmass der Pandemie erahnen, die rund um den Globus viele Millionen Todesfälle verursachte.

Am 16. März 2020 kündigt die damalige Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga den Lockdown an. Restaurants und Bars werden geschlossen, Homeoffice und Homeschooling angeordnet, Kontakte auf ein Minimum beschränkt, zum Teil Quarantäne und Isolation verhängt. Dennoch sind kurz nach Beginn der Massnahmen die Intensivstationen bereits überfüllt.

Corona-Pandemie – Eindrücke einer Welt im Ausnahmezustand

«Das Thema Corona ist zwar inzwischen mehrheitlich aus unserem Alltagsbewusstsein verschwunden», sagt der Neurowissenschaftler Dominique de Quervain von den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel. Das bedeute aber nicht, dass die Pandemie vergessen sei. Zudem hänge es auch stark davon ab, wie intensiv und emotional die persönlichen Erlebnisse damals gewesen seien.

Einige Personen haben durch Corona dramatische Schicksalsschläge erlitten: nahestehende Menschen verloren oder ihre Arbeitsstelle. Das bleibt bei den Betroffenen für immer in Erinnerung. Aber vielleicht speichert der eine oder andere für sich auch das eher unangenehme Gefühl der langen Rachenstäbchen für die Corona-Tests oder das Schlangestehen für die ersten Covid-19-Impfungen ab. Denn je nach dem wie sehr uns etwas damals beschäftigt hat, erinnern wir uns unterschiedlich lang.

Rückblickend wie im Zeitraffer

Die Pandemie hatte verschiedene Phasen, die sich auch unterschiedlich auf unser Zeitgefühl ausgewirkt haben. Das heisst, mal verging die Zeit blitzschnell und mal zog sie sich geradezu unerträglich in die Länge wie ein dehnbarer Kaugummi. Es gab sehr ereignisreiche Tage, zum Beispiel die ersten Tage des Lockdowns. «Diese Tage vergingen in dem Moment schnell wie im Zeitraffer», sagt de Quervain. «Rückblickend erscheinen sie jedoch viel länger, als sie eigentlich waren.»

Denn die meisten Leute mussten sich zum Beispiel zuerst völlig neu organisieren: Arbeitsplatz einrichten, Kinderbetreuung organisieren, viele erkrankten selbst an Corona oder kümmerten sich intensiv um jemanden aus der Familie.

Dann gab es aber auch schrecklich monotone Phasen, die langweilig und ewig waren. «Im Nachhinein schrumpfen diese auf eine kurze Zeitspanne zusammen», sagt de Quervain. Also Zeitlupe im Moment, Zeitraffer im Rückblick. Denn es gäbe auch nicht viele Erinnerungen oder Ankerpunkte.

Zwei Personen mit Masken stellen Tische im Freien auf, am Wasser mit Stadthäusern im Hintergrund.
Legende: Wiedereröffnung der Gastronomie: In der Altstadt von Luzern misst das Personal den vorgeschriebenen Abstand zwischen den Tischen aus. KEYSTONE/Urs Flüeler

Dass viele Dinge in unserem Gedächtnis irgendwann verblassen und in den Hintergrund rücken, macht auch Sinn. Denn unser Archiv im Kopf muss entrümpelt werden, um handlungsfähig zu bleiben.

Im Rückblick markiert die Pandemie, die im Mai 2023 von der WHO nicht mehr als «internationaler Gesundheitsnotstand» erklärt wurde, auch eine neue Zeitrechnung: Oft fragt man sich nun, war das noch vor, während oder nach Corona?

5 Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie: Was damals in der Schweiz passierte

2020: Erste Todesfälle, Lockdown und Impfstart

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25. Februar 2020: Im Kanton Tessin wird erstmals in der Schweiz ein Fall des neuartigen Coronavirus bestätigt. Der 70-jährige Erkrankte soll sich in Mailand an einer Versammlung angesteckt haben.

28. Februar 2020: Die Schweiz zählt 13 Coronavirus-Infizierte. Der Bundesrat verbietet alle Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern, zunächst bis Mitte März. Die Basler Fasnacht wird abgesagt, ebenso der Genfer Autosalon.

5. März 2020: Aus dem Kanton Waadt wird der erste Covid-19-Todesfall in der Schweiz gemeldet. Eine 74-jährige Frau, die bereits an chronischen Krankheiten litt, stirbt in Lausanne.

11. März 2020: Das Tessin erklärt als erster Kanton der Schweiz den Notstand. Kinos, Theater, Sportzentren und Nachtclubs bleiben geschlossen. In der Südschweiz werden zudem neun kleinere Grenzübergänge geschlossen.

16. März 2020: Der Bundesrat erklärt den Notstand für die ganze Schweiz. Lockdown: Schulen, Restaurants, Geschäfte, Märkte und Freizeiteinrichtungen werden geschlossen. Nur Lebensmittelläden und Gesundheitseinrichtungen dürfen öffnen. Der Bundesrat empfiehlt Homeoffice. Die Grenzen zu allen Nachbarländern werden kontrolliert.

16. April 2020: Der Bundesrat beschliesst zunächst erste Lockerungen. Am 27. April dürfen Coiffeurgeschäfte, Baumärkte und Gartencenter wieder öffnen, und die Einschränkungen für Spitäler werden aufgehoben. Zwei Wochen später soll der Unterricht an den obligatorischen Schulen wieder aufgenommen werden. Es folgen schrittweise weitere Lockerungen.

1. Juli 2020: Der Bundesrat ordnet eine Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr für Personen ab zwölf Jahren an. Die Pflicht gilt ab dem 6. Juli in Zügen, Trams und Bussen, Bergbahnen, Seilbahnen und auf Schiffen.

28. Oktober 2020: Der Bundesrat beschliesst erneut Massnahmen, um einen zweiten Lockdown zu verhindern, unter anderem die Zulassung von Schnelltests, eine Maskenpflicht im Freien, das Verbot von privaten Treffen mit mehr als zehn Personen und die Schliessung von Discos.

23. Dezember 2020: Beginn vom Impfstart in der Schweiz. Als erste Person wird eine 90-jährige Frau im Kanton Luzern geimpft. (sda/reyb)

2021: Lockdown-«Light» und Zertifikatspflicht

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18./19. Januar 2021: Neue, strengere Corona-Schutzmassnahmen treten in Kraft. Unter anderen müssen Läden, die keine Güter des täglichen Bedarfs verkaufen, erneut schliessen.

März bis Juni 2021: Jetzt wieder Lockerungen der Corona-Schutzmassnahmen.

13. September 2021: Im Inneren von Restaurants, von Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie an Veranstaltungen in Innenräumen gilt eine Zertifikatspflicht. Eine Impfung, die Genesung oder ein negativer Test müssen nachgewiesen werden. Anhaltend angespannte Lage in den Spitälern.

20. September 2021: Personen, die nicht geimpft oder genesen sind, müssen bei der Einreise einen negativen Test vorweisen. Nach vier bis sieben Tagen müssen sie sich nochmals testen lassen. (sda/reyb)

2022: Aufhebung der Massnahmen

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30. März 2022: Der Bundesrat hebt die letzten Massnahmen gegen die Corona-Pandemie auf. Ab 1. April ist Isolationspflicht für Infizierte vorbei sowie auch die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen. (sda/reyb)

Rendez-vous, 25.02.2025, 12:30 Uhr

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