Texte und Bilder in DNA speichern? So absurd wie es klingen mag, ist es nicht. Schliesslich speichert DNA von Natur aus Informationen, unsere vererbten Merkmale. Dieser biologische Datenspeicher in unseren Zellen verschlüsselt Informationen ähnlich wie ein Computer. Während Computer Informationen als lange Abfolge von Nullen und Einsen übermitteln, besteht die DNA aus einer Abfolge vier organischer Basen: Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin, abgekürzt als A, C, G und T.
Forscherinnen und Forscher nutzen nun dieses Prinzip, indem sie DNA künstlich bauen bzw. sie chemisch synthetisieren. Je nach Information, die kodiert werden soll, bauen sie in ihre künstliche DNA-Kette also mal ein A, mal ein T, C oder G ein.
40 Minuten Netflix in einem winzigen Glaskügelchen
Zu den Pionieren auf dem Gebiet der DNA-Datenspeicherung gehört der mit dem Europäischen Erfinderpreis ausgezeichnete Robert Grass. Vor ein paar Jahren hat der Chemiker der ETH Zürich gemeinsam mit einem Kollegen demonstriert, was bereits möglich ist: «Wir haben eine 40-minütige Folge der Netflix-Serie Biohackers in DNA gespeichert. Das waren wenige Milligramm Material, das wir in einem winzigen Glaskügelchen eingeschlossen haben.»
Europäischer Erfinderpreis
Ist die DNA gut geschützt, wie eben in einem Glaskügelchen, sollten ihre Daten ein paar hundert Jahre erhalten bleiben. Zum Vergleich: Auf einem USB-Stick halten sich Daten ungefähr zehn, auf einer Festplatte ungefähr 20 Jahre. Man könnte sich mit langlebigen DNA-Datenspeichern also aufwändige Backups und schmerzhafte Datenverluste ersparen. Die Sache hat aber einen Haken: Das bisherige DNA-Speicher-Verfahren ist sehr teuer und abhängig von hoch spezialisierten Labors, was der Kommerzialisierung entgegensteht.
Ein neuer DNA-Baukasten für Laien
Ein neuer Ansatz, vorgestellt im Magazin Nature , lässt da aufhorchen. «Die Studienautoren vereinfachen das bisherige Verfahren», kommentiert die unabhängige Expertin Carina Imburgia . Das Forschungsteam aus China, Deutschland und den USA baut die DNA nämlich nicht mehr von Grund auf neu, sondern nutzt vorfabrizierte DNA-Teile: Einen DNA-Strang, sozusagen die Unterlage, sowie DNA-Bausteine, die am Strang andocken.
Auf manchen dieser DNA-Bausteine ist die Base C wie in der echten DNA sogenannt methyliert, d.h. sie hat ein chemisches Anhängsel. Auf anderen Bausteinen fehlt die Methylierung. So erlaubt der DNA-Baukasten, die Sprache der Computer zu imitieren: Bausteine mit Methylierung entsprechen einer Eins, solche ohne Methylierung einer Null.
Was am neuen Ansatz ungewöhnlich ist: 60 Studierende ohne Laborkenntnisse schafften es, eigene Texte mit einer Fehlerquote von bloss 1.4 Prozent zu kodieren. Kontrolliert wurde die Fehlerrate mit einem tragbaren DNA-Lesegerät, das die Daten von der DNA-Flüssigkeit wieder in digitale Texte zurückübersetzt.
DNA-Speicherung bleibt teuer und komplex
So werde die DNA-Datenspeicherung nun für ein viel breiteres Publikum zugänglich, ist Expertin Carina Imburgia von der Uni Washington überzeugt. Zugleich betont sie: Auch die neue Methode sei heute noch viel zu teuer – und es müsse sich erst noch zeigen, wie stabil diese DNA im Baukastenprinzip tatsächlich ist.
DNA-Kügelchen statt USB-Sticks und Festplatten für den Alltag bleiben also vorläufig noch Wunschdenken. Doch zeichnet sich nun ein neuer Weg ab – in einem vielversprechenden Forschungsfeld.