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Steigende Körpertemperatur Fieber: Was tun?

Ab 38, 38.5, oder erst ab 39 °C? Ob Handlungsbedarf besteht, hängt längst nicht nur von der gemessenen Temperatur ab.

Darum haben wir Fieber: Fieber ist meist ein Zeichen dafür, dass sich der Körper gegen eine Infektion wehrt. Die verantwortlichen Krankheitserreger (meist Viren, seltener Bakterien) vermehren sich bei einer normalen Körpertemperatur von knapp 37 °C besonders gut. Um die Erreger loszuwerden, erhöht der Körper seine Temperatur. Denn bei über 37 °C nehmen die Erreger Schaden oder sterben ab. Und: Viele unserer Immunzellen werden bei erhöhter Temperatur aktiver. Fieber ist also keine Krankheit an sich, sondern eine sinnvolle Abwehrreaktion.

In der Praxis messen wir Fieber fast nie, weil ein Blutbild viel aussagekräftiger ist.
Autor: Christian Rohrmann Vorstandsmitglied Haus- und Kinderärzte Schweiz

Fieber messen: Die Körpertemperatur richtig zu messen und einzuordnen, ist gar nicht so einfach. Fehlmessungen beobachtet Christian Rohrmann häufig. Er ist Vorstandsmitglied von Haus- und Kinderärzte Schweiz und seit 1997 als Hausarzt in Oensingen tätig. «In der Praxis messen wir Fieber fast nie, weil ein Blutbild viel aussagekräftiger ist.» Wer trotzdem messen will, tue dies am besten unter der Zunge, im Ohr oder After. Diese Messungen widerspiegeln die Körperkerntemperatur am zuverlässigsten. «Wer unter der Achsel misst, erhält rund 0.5 °C tiefere Temperaturen», so Rohrmann. Das liegt daran, dass wir unter der Achsel lediglich die Hauttemperatur fern vom Körperkern messen.

Eine Person misst im Ohr einer anderen Person, ob diese Fieber hat.
Legende: Die Temperaturmessung im Ohr gilt als zuverlässige Methode. IMAGO/photothek

Fieber bei Erwachsenen: Ab 38 °C spricht Christian Rohrmann von mässigem, ab 39 °C von hohem Fieber. Bei Risikofaktoren wie Vorerkrankungen der Lunge oder immunsupprimierten Personen sei mehr Vorsicht geboten. «Aber wenn ein sonst gesunder junger Mensch drei Tage lang 39 °C hat, mache ich mir noch keine Sorgen.» Wer sich allerdings schlecht fühlt, Gliederschmerzen oder Kreislaufprobleme hat, solle ruhig zu fiebersenkenden Massnahmen greifen.

Das Fieber möglichst durchhalten?

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Es kursiert auch die Theorie, dass man Fieber möglichst aussitzen, beziehungsweise -liegen soll. Denn schliesslich zeigt das Fieber, dass sich der Körper bereits gegen die Krankheitserreger wehrt. Und, dass er das Immunsystem aktiviert hat.

Christian Rohrmann der Schweizer Haus- und Kinderärzte ist kein Vertreter dieser Theorie. «Es macht ja auch Sinn, dass man Komplikationen vermeidet.» Solche Komplikationen können zum Beispiel kreislaufbedingte Stürze sein.

Wer also unter dem Fieber leidet, sollte die Temperatur senken.

Fieber bei Kindern und Säuglingen: Wie bei Erwachsenen ist auch bei Kindern das Allgemeinbefinden entscheidend, nicht die gemessene Temperatur. Bei Kindern empfiehlt Christian Rohrmann das Fieber aber bereits ab 38 °C zu senken, um Fieberkrämpfen vorzubeugen. Bei Säuglingen gilts noch schneller zu handeln. Denn solange die Mutter das Kind noch stillt, sollte eigentlich kein Fieber auftreten. «Bei Säuglingen ist Fieber ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt», so Rohrmann. Das verlangt nach einer Diagnose.

Wann ärztlicher Rat angezeigt ist: Meist sei Fieber relativ harmlos und selbstlimitierend. «Aber eben nicht immer», präzisiert der Hausarzt Christian Rohrmann. Wenn das Fieber trotz fiebersenkender Massnahmen zehn Tage lang anhält oder sich der Gesundheitszustand verschlechtert, ist eine ärztliche Abklärung notwendig. Bei fiebernden Kindern empfiehlt Rohrmann einen Arztbesuch etwa dann, wenn das Kind nicht trinken will oder teilnahmslos wirkt. Die primäre Frage ist also nicht, wie hoch das Fieber ist. Sondern vielmehr, wie krank sich die betroffene Person fühlt.

Krankheitserreger schrauben an unserem körpereigenen Thermostat

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3D-Illustration des Hypothalamus, eine Struktur im Gehirn, die die Körpertemperatur regelt.
Legende: IMAGO/Dreamstime

Der Hypothalamus (ein Teil des Zwischenhirns) reguliert unsere Körpertemperatur. Dazu vergleicht er wie ein Thermostat ständig zwischen Ist- und Sollwert. Also zwischen der tatsächlichen und der optimalen Körperkerntemperatur. Der Sollwert liegt normalerweise bei knapp 37 °C. Bei dieser Temperatur arbeiten unsere Organe am besten.

Bei einer Infektion liegt der Sollwert des Hypothalamus oft über den normalen 37 °C. Grund für den hochgeschraubten Sollwert ist eine lange Signalkaskade, die die Krankheitserreger ausgelöst haben. Nun sorgt der Hypothalamus dafür, dass sich der Körper bis auf den verstellten Sollwert erwärmt: Er aktiviert den Stoffwechsel zur Wärmeproduktion, veranlasst eine Verengung der Blutgefässe an Händen und Füssen, um den Wärmeverlust zu verringern, hemmt die Schweissbildung und regt die Muskulatur zum Zittern und damit zur Wärmeproduktion an. Schüttelfrost kann die Folge sein.

Fiebersenkende Massnahmen: Unter den Hausmitteln hat sich der Wadenwickel besonders bewährt. Dabei werden Tücher mit kaltem bis handwarmem Wasser befeuchtet und um die Waden gewickelt. Christian Rohrmann empfiehlt das für etwa 15 Minuten zu tun. Ähnlich wie beim Schwitzen wird dem Körper so durch Verdunstung Wärme entzogen. Wer die Wärme lieber durchs eigene Schwitzen verliert, kann auf schweisstreibende Tees wie Linden- oder Holunderblüten setzen. «Und wenn jemand das Krankheitsgefühl noch stärker lindern will», so Rohrmann, «kann er zum Beispiel zu Paracetamol greifen». Das lindert auch Kopf- und Gliederschmerzen.

Tagesschau, 28.01.2025, 19:30 Uhr

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