Evolutionstechnisch gesehen, ist Juckreiz unter anderem auch ein Signal für Parasitenbefall. Kratzen ist die entsprechende Abwehrbewegung für die Beseitigung der Parasiten. Wenn man sich kratzt, dann ist es am Anfang ein «himmlisches» Gefühl (Stimulation der Opiat-Rezeptoren über freigesetzte Endorphine im Hirn). Kratzt man sich weiter, geht der Reiz tiefer. Zum Teil kratzt man sich blutig und entfernt dabei die Hautoberschicht. Dann werden die tieferliegenden Schmerzfasern gereizt. Mit der Auslösung von Schmerz wird der Juckreiz unterdrückt. Da der Schmerz angenehmer empfunden wird als das Jucken, kratzt man jedoch immer wieder von neuem. Der Teufelskreis ist geschlossen.
Das Schwierige bei Juckreiz: Er ist ein Symptom und keine Krankheit. Zugrunde liegen kann eine Hauterkrankung, aber auch eine innere Erkrankung. Unterschieden wird zwischen akutem und chronischem Juckreiz.
Von akut bis chronisch
Ein akuter Juckreiz entsteht meist durch Fremdeinfluss, etwa durch Insekten, Parasiten oder schädliche Pflanzenbestandteile (z. B. Brennnessel). Auch Allergien lösen Juckreiz aus. Dieser akute Juckreiz hält meist nicht lange an und ist einfach zu behandeln mit kühlendem, entzündungshemmendem Gel und/oder Antihistaminika.
Chronischer Juckreiz bleibt dagegen länger bestehen. Er ist in den meisten Fällen therapeutisch schwer zu beeinflussen und bedeutet daher eine schwere körperliche und seelische Belastung.
Mögliche Ursachen:
- Diverse Hauterkrankungen (vor allem ekzematöse) mit spezifischem Hautausschlag
- Neurodermitis, verstärkt durch trockener Haut
- Störungen der Leber- oder Nierenfunktion
- Erkrankungen des blutbildenden Systems, Leukämie, Lymphome
- Diabetes mellitus
- Schilddrüsenfunktionsstörungen
- Gicht
- Bösartige Tumore
- Erkrankungen des Nervensystems (peripher und zentral)
- Psychogener Juckreiz z.B durch Wahnvorstellungen
Auch trockene Haut kann Juckreiz hervorrufen. Ist die Haut zu trocken, entstehen in ihrer äussersten Schicht sogenannte Fissuren, kleinste Risse. Dadurch sind die Nervenendigungen der oberflächlichen Hautnerven direkt der Luft ausgesetzt, was zu einer erhöhten Sensibilität der Nerven und Leitfähigkeit von Reizen führen kann.
Behandlung
Das Kratzen zu stoppen ist wichtig, weil das Kratzen auf Dauer die Haut schädigt und verändert, was wiederum den Juckreiz verstärkt – es entsteht ein Teufelskreis, auch «Juckreiz-Kratz-Zyklus» genannt.
Die Behandlung muss der jeweiligen Ursache des Juckreizes angepasst werden und ist massgeschneidert auf die entsprechende Juckreizform. Die wichtigste Behandlung ist das häufige Eincremen der trockenen, gereizten Haut. Man rechnet für das Eincremen des ganzen Körpers übrigens ca. 30 bis 50 Gramm Creme pro Tag (morgens und abends 1x eincremen). In 14 Tagen verbraucht man somit schnell ein halbes Kilo Creme für den ganzen Körper!
Durch die Creme werden die Juckreiz-Nervenendigungen, welche bis zur Hornschicht unserer Haut kommen, besser geschützt und reagieren nicht mehr sofort auf einen Reiz.
Nicht-medikamentöse Massnahmen
Angemessenes sich Zufügen von Schmerzen ist gut wirksam gegen Juckreiz und führt zu einer angenehm erlebten Erleichterung:
- Elektrische Stimulation mit Hautelektroden, kleine elektrische Schläge.
- Kneifen, Reiben
Kühlen hilft, da sich Juckreiz mit zunehmender Wärme verschlimmert:
- Kühle Umgebung.
- Leichte Bekleidung tragen.
- Eine lauwarme oder kühle Dusche nehmen.
- Alkohol und stark gewürzte Speisen meiden.
- Kühlende Hydrolotionen und Gele einreiben (können im Kühlschrank gelagert werden).
- Nachts im Bett verschlimmern sich die Beschwerden, deshalb auch dort für ein kühles Klima sorgen. Eine kühle Dusche vor dem Schlafengehen kann sich positiv auswirken.
Achtung: die meisten dieser Massnahmen trocknen die Haut aus und können bei Austrocknungsjuckreiz mittelfristig kontraproduktiv sein!
Weitere Massnahmen
- Nägel schneiden, nachts leichte Handschuhe tragen (nächtlicher Juckreiz!)
- Ablenkung, um den Juckreiz zu vergessen.
- Austrocknung der Haut mit Seifen vermeiden.
- Parfumierte Cremes/Seifen meiden (Parfums können zusätzlich reizen)
- UV-Bestrahlung (durch Hautarzt)