Die Behörden vermuten, dass die gesundheitsschädlichen Chemikalien im Kanton St. Gallen durch Klärschlamm auf die Felder und Wiesen gelangten. Und die betroffen Rinder nahmen die Stoffe dann über das Gras auf.
Klärschlamm konnte in der Schweiz bis 2006 als Dünger eingesetzt werden. Doch wie kamen die PFAS in den Klärschlamm? «Es gibt verschiedene Wege, aber sie viele Jahre danach zu rekonstruieren dürfte kompliziert sein», sagt Umweltchemiker Martin Scheringer von der ETH.
Abwasser aus den Industriebetrieben
PFAS werden in verschiedenen Industrien eingesetzt. Etwa in der Textilindustrie oder beim Galvanisieren von Metallen. Wenn Abwasser aus solchen Betrieben in die Kläranlagen kommt, können PFAS am Klärschlamm haften bleiben und sich anreichern. Auch die Löschschäume der Feuerwehr sind teils stark mit PFAS belastet. Diese Schäume haben mancherorts lokal die Böden vergiftet. Ausserdem sind sie zum Teil mit dem Löschwasser ins Abwasser geflossen und so ebenfalls in den Kläranlagen gelandet.
Und in einem Fall in Süddeutschland schliesslich ist mit PFAS behandeltes Papier mit organischen Resten zusammen kompostiert worden. «So wurden grosse Flächen verseucht», sagt Scheringer. Denn der Kompost wurde von den Bäuerinnen und Bauern im deutschen Rastatt über Jahre auf die Felder gebracht. Heute müssen sie ihr Getreide, Raps, Erdbeeren und Mais regelmässig auf den PFAS-Gehalt testen lassen. Sonst dürfen die Lebensmittel nicht mehr in den Verkauf.
Es wird noch mehr Fälle geben
Für Umweltchemiker Martin Scheringer ist klar: «Es gibt auch an vielen weiteren Orten in der Schweiz Belastungen.» Das zeige schon nur die Landkarte des «Forever Pollution Project». Je mehr man sucht, umso mehr dürfte zum Vorschein kommen.
In den meisten Kantonen wird sich im Nachhinein aber kaum mehr nachweisen lassen, welche Bauern vor 2006 wie viel Klärschlamm auf welche Felder gebracht haben. Wie lokale Kontaminationen zustande gekommen sind, wird also Detektivarbeit bleiben.
Grenzwerte für Böden werden ein Kompromiss
Der ETH-Forscher Martin Scheringer ist nun vom Bundesamt für Umwelt beauftragt worden, PFAS-Grenzwerte für die Böden vorzuschlagen. «Das ist erstaunlich kompliziert», sagt er, denn letztlich brauche es einen Kompromiss. Wissenschaftlich möchte man zuerst verstehen, wie die verschiedenen PFAS aus den Böden zuerst in die Pflanzen und dann ins Fleisch der Tiere gelange. Dann gelte es einen Grenzwert festzusetzen, der vor gesundheitlichen Auswirkungen schützt.
«Zu tief können wir die Grenzwerte aber nicht legen», sagt Scheringer. Denn die Grundbelastung mit PFAS sei schon überall messbar. «Der Grenzwert muss auch durchsetzbar sein, sprich die Hintergrundbelastung darf nicht höher sein als der Grenzwert.» Für Bäuerinnen und Bauern wird die Festlegung des Grenzwertes von wirtschaftlicher Bedeutung sein. Je nach Höhe bleiben sie künftig auf mehr oder weniger Gemüse, Getreide oder Fleisch sitzen.