Die berühmteste Duschszene der Filmgeschichte ist Generationen von Zuschauern in Mark und Bein gefahren – nicht zuletzt wegen der durchdringenden Schreckensschreie der Hauptdarstellerin, die in Alfred Hitchcocks «Psycho» verfrüht ihr Leben lässt. Was aber unterscheidet diesen Schrei vom nicht minder leisen Lebenszeichen eines Neugeborenen?
Was den Schrei zum Alarmsignal macht: Mit dieser Frage hat sich ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von Neurologieprofessor Andreas Kleinschmidt von der Universität Genf befasst. Wie schafft es der Mensch, zwischen einem Schrei in einer Gefahrensituation und dem Gekreische herumtollender Kinder im Freibad zu unterscheiden?
Angst klingt rauher
«Entscheidend ist die Zusammensetzung des Schreis», erklärt Kleinschmidt. Angsteinflössende Schreie haben immer etwas Rauhes an sich. «Die Lautstärke der Schallwellen wird nochmals mit einer anderen Frequenz moduliert – als wenn noch eine Textur darübergelegt wird.»
Um furchterregend zu schreien, setzt man also eine andere Stimme ein und gibt ganz andere Töne von sich, als man es sonst im Alltag macht. «Diese rauhe Textur zu erzeugen, ist für den Sprechapparat ziemlich unangenehm und wäre auf Dauer auch schädigend», weiss Andreas Kleinschmidt.
Die Natur hat es so eingerichtet, dass wir diese Frequenzen nur dann erzeugen, wenn wir wirklich in Gefahr sind – was gewissermassen ein Schutz vor Fehlalarmen ist: Erst ein rauher Schrei setzt unser Angstzentrum so richtig in Gang.
Die Forscher haben auch noch «kulturell erzeugte» Warnsignale wie Sirenen und Weckergeräusche untersucht und sind auch dort auf die typische «rauhe» Textur gestossen, beispielsweise beim Nebelhorn eine Schiffes. Der Mensch bedient sich also auch ohne genaues Wissen um die Hintergründe automatisch der richtigen Klänge, um aus lediglich lauten Tönen wirklich alarmierende zu machen.