Die letzten Nächte waren für viele eine Herausforderung. Tropische Temperaturen führten dazu, dass wir spät ins Bett gingen, nicht so gut einschlafen konnten, öfter aufwachten als sonst – erholsamer Schlaf, werden viele gedacht haben, sieht anders aus. Doch der ist wichtig für unsere Gesundheit.
Durch die Klimaerwärmung steigen gerade die nächtlichen Temperaturen. Eine im Mai veröffentlichte Studie zeigt, welchen Einfluss wärmere Nächte weltweit auf unseren Schlaf haben. Demnach verlieren Menschen global schon heute durchschnittlich 44 Stunden Schlaf pro Jahr durch hohe nächtliche Temperaturen, wobei der Wert zwischen den Ländern stark variiert.
«Wir gehen davon aus, dass dieser Wert bis Ende des Jahrhunderts auf 50 bis 58 Stunden pro Jahr steigen wird, wenn wir den Ausstoss an Emissionen nicht reduzieren», sagt Kelton Minor, Datenanalyst an der Universität Kopenhagen und Hauptautor der Studie.
Je heisser, desto schlimmer
Mit Daten aus 47'000 Schlaf-Tracking-Armbändern konnte das Team um Kelton Minor zeigen, dass sehr warme Nächte mit über 30 Grad Celsius zu rund 14 Minuten weniger Schlaf führten im Vergleich zu Nächten mit den niedrigsten Temperaturen.
«Die Wahrscheinlichkeit, weniger als sieben Stunden zu schlafen, steigt ab 10 Grad Celsius steil an, den grössten Einfluss sehen wir bei Nächten, die 25 Grad Celsius übersteigen», so Minor – wobei sieben Stunden Schlaf als der empfohlene Durchschnitt für erholsamen Schlaf gilt.
Die Studie bezieht sich auf die gemessene Aussentemperatur, die einen grossen Einfluss auf unseren Schlaf hat, weil unsere Körpertemperatur sich an sie anpasst.
«Unser Körper muss Wärme abgeben, damit die Körpertemperatur genügend absinkt, um einschlafen zu können,», sagt Christine Blume, Schlafforscherin an der Universität Basel. Zudem sinkt unsere Kerntemperatur in den Abendstunden. Wenn sie am stärksten abnimmt, werden wir müde.
«Die in der Studie gemessene verzögerte Einschlafzeit könnte mit der fehlenden Wärmeabgabe zu tun haben, so Blume.
Heisse Nächte können dieselbe Auswirkung haben wie Schlafentzug.
Die Folgen des Schlafdefizits könnten enorm sein. «Studien zeigen schon lange, dass an heissen Tagen mehr Menschen sterben, während Hitzewellen die Selbstmordraten steigen, sich mehr Menschen verletzen und in Krankenhäuser eingeliefert werden», sagt Kelton Minor. Lange habe man nicht gewusst, warum. «Doch es zeigt sich immer deutlicher, dass heisse Nächte dieselben Auswirkungen wie Schlafentzug haben können».
Frauen sind stärker betroffen
Die Schlafeinbussen treffen nicht alle gleich stark. Für jedes Grad steigende Nachttemperatur sind Frauen rund 25 Prozent stärker betroffen als Männer – Menschen über 65 Jahren sogar doppelt so stark.
Woran genau das liegt, wird lediglich vermutet. «Der Schlaf von Frauen und älteren Menschen ist generell empfindlicher und eher beeinträchtigt», sagt Christine Blume. Die Studienautoren vermuten, dass bei Frauen zudem die höhere subkutane Fettschicht beitragen könnte, dass der körperliche Hitzeverlust nachts schwächer ist.
Globale Ungerechtigkeit
Besonders betroffen jedoch sind Menschen in ärmeren Ländern und in Gegenden rund um den Äquator und in Wüstenregionen, die durch die Klimaerwärmung sowieso schon leiden. Ihre Schlafeinbusse ist rund drei Mal grösser als jene von Menschen in – oft kühleren – Ländern mit hohem Bruttosozialprodukt. Die Studienergebnisse zeigen zudem, dass wir nicht in der Lage sind, den Schlafmangel anderweitig zu kompensieren.
«Wenn wir an Umwelteinflüsse denken, die den Schlaf beeinflussen, denken wir an Lärm oder Licht», so Kelton Minor, «aber Hitze spielt auch eine enorme Rolle». Doch Licht und Lärm betreffe nur einige. Hitze hingegen eine ganze Gesellschaft.