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Unterirdische CO₂-Endlagerung Dänemark buhlt um das CO₂ der Nachbarländer

Im Norden Europas soll eine riesige neue Infrastruktur entstehen: CO₂-Abscheideanlagen, unterirdische CO₂-Endlager und lange Pipelines, um das schädliche Klimagas zu transportieren. Damit sich das Ganze lohnt, will Dänemark nun möglichst viele Verträge mit anderen Staaten abschliessen.

Wenn es darum geht, wie die Wende zur Klimaneutralität gelingen kann, haben die Dänen eine schöne Erzählung: Dort, wo Prinz Henrik im Jahr 1972 die Ventile für das erste dänische Nordsee-Öl öffnete, kehrt sein Sohn gut 50 Jahre später die Fliessrichtung um.

Im Frühjahr 2023 eröffnete Prinz Frederik in dem ehemaligen Ölfeld mitten in der Nordsee das erste dänische Endlager für CO₂. Die unterirdische CO₂-Endlagerung (CCS) soll dabei eine Art Rückwärtsgang für den Klimawandel werden: Während der Vater Treibhausgase an die Oberfläche holte, bringt der Sohn sie nun zurück in die Tiefe.

Wie CO₂ unterirdisch gelagert wird

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Beim «Carbon Capture and Storage», kurz CCS, geht es darum, Kohlendioxid direkt aus der Luft oder aus Abgasen abzuscheiden, aufzufangen und dann in gut abgeschlossene Lagerstätten im Untergrund zu verpressen.

Die Technologie ist sehr energieintensiv und teuer, deshalb wird sie oft für schwer vermeidbare Emissionen, zum Beispiel bei der Müllverbrennung oder der Zement- und Kalkindustrie in Betracht gezogen.

Der Untergrund in Dänemark ist für diese Art der CO₂-Entsorgung ideal: Das Gas kann in die Poren riesiger Bundsandsteinformationen gepresst werden und wird durch Deckschichten aus Ton am Aufsteigen gehindert. 

Schätzungen zufolge könnte das kleine skandinavische Land im Jahr 2035 bereits 200 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr im Nordseeboden und an Land verpressen. Die Menge entspräche etwa dem Siebenfachen der derzeitigen jährlichen CO₂-Emissionen in Dänemark.

Dänemark: als erste Industrienation CO₂-negativ?

Dass das Land so stark aufs Tempo drückt, hängt auch mit den ehrgeizigen Klimazielen zusammen: Bis 2050 will die Industrienation als erstes Land CO₂-negativ werden. Und dafür braucht es eine finanzierbare, unterirdische CO₂-Endlagerung für sogenannte «unvermeidbare Emissionen» – etwa aus der Müllverbrennung oder der Zementindustrie.

Menschen in Sicherheitswesten und Helmen vor einem Hochhaus.
Legende: Über 70 Meter hoch ist die moderne Müllverbrennungsanlage «Amager Bakke» in Kopenhagen. Wie ihre CO₂-Emissionen zukünftig vermieden werden können, wird hier in einer Pilotanlage zur CO₂-Abscheidung erforscht. Tomma Schröder

Um die teure Infrastruktur finanzieren zu können, wirbt das Land offen und nachdrücklich um die CO₂-Emissionen der Nachbarländer, die noch keine Endlager erschlossen haben.

Auch die Schweiz gehört zu diesen Ländern. Hier ist man zwar bei der Abscheidung von Kohlendioxid aus der Luft technologischer Vorreiter . Ein unterirdisches Endlager für das eingefangene Treibhausgas aber gibt es hierzulande noch nicht.

Auch die Schweiz ist auf der Suche nach CO₂-Endlagern

Will die Schweiz ihre Klimaziele erreichen, so müssen Schätzungen zufolge etwa fünf Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr irgendwo entsorgt werden. Mit Norwegen und Island wurden daher bereits erste Abkommen geschlossen.

Das Bundesamt für Umwelt liess nun verlauten, dass derzeit auch «explorative Gespräche mit Dänemark» liefen. Das Land sei aufgrund seiner Speicherstätten und relativer geografischer Nähe ein möglicher Partner, hiess es. Hinzukommt, dass Deutschland ein umfassendes Pipeline-Netz plant, durch das – etwa mit einer Verbindung von Basel nach Karlsruhe – auch Schweizer CO₂ Richtung Norden strömen könnte.

Wenige Proteste in Dänemark gegen CCS

Wann es so weit sein könnte, ist schwer abzuschätzen. Bisher gibt es grössere, kommerzielle CCS-Projekte hauptsächlich in den USA, Kanada oder Norwegen, wo sie allerdings in der Regel mit der Förderung von Erdgas oder Erdöl verbunden sind.

Dass die CO₂-Abscheidung auch als echte klimafreundliche Technologie grossskalig funktioniert und finanzierbar ist – dieser Beweis muss erst noch erbracht werden. Neben den Kosten spielt dabei auch die Akzeptanzfrage eine wichtige Rolle.

In Dänemark war der Widerstand der Bevölkerung gegen CCS-Projekte bisher gering. Ob das so bleiben wird, wenn das erste CO₂ dann tatsächlich verpresst werden soll, bleibt abzuwarten.

Wissenschaftsmagazin, 29.06.2024, 12:40 Uhr

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