Alle Jahre wieder - Streit am Familienfest – das muss nicht sein
In der Werbung wirken Familienfeste sehr harmonisch, doch die Realität sieht oft anders aus. Drei häufige Gründe: das Vergleichen mit anderen, Rollenkonflikte und starre Traditionen.
Glückliche Menschen um einen Christbaum versammelt, draussen liegt Schnee, alles wirkt harmonisch. So wird Weihnachten in der Werbung präsentiert. Die Realität ist jedoch oft eine andere: Es gibt Unstimmigkeiten und manchmal wird auch gestritten.
Warum es an Familienfesten häufiger zu Konflikten kommen kann als sonst, das beantwortet Magdalena Sroka.
Magdalena Sroka
Psychotherapeutin
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Magdalena Sroka ist systemische Therapeutin. Als ein System gelten auch Familien. Seit zehn Jahren arbeitet sie bei der Familien-, Paar- und Erziehungsberatung in Basel.
Drei Hauptgründe für Konflikte
Die Psychotherapeutin sieht vor allem drei Gründe, die an Familienfesten oft zu Konflikten führen: das Vergleichen mit anderen, Rollenkonflikte und starre Traditionen.
Viele von uns haben
klare Vorstellungen, wie ein religiös-traditionelles Familienfest auszusehen hat.
Sei es vom christlichen Weihnachten, muslimischen Eid al Fitr, hinduistischen Shivaratri, buddhistischen Vesakh oder vom jüdischen Chanukka.
Religionen in der Schweiz
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Laut aktuellen Daten von 2022 gehört etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung ab 15 Jahren in der Schweiz der römisch-katholischen oder evangelisch-reformierten Glaubensgemeinschaft an.
Knapp sechs Prozent der Bevölkerung bezeichnet sich als muslimisch und fast drei Prozent als christlich-altorientalisch oder christlich-orthodox.
Weitere 0.6 Prozent der Bevölkerung gehört zur hinduistischen Glaubensgemeinschaft, 0.5 Prozent zur buddhistischen, 0.2 Prozent zur jüdischen und 0.1 Prozent zur christ-katholischen.
Etwa ein Drittel der Bevölkerung gehört keiner Religionsgemeinschaft an.
Doch so festlich und friedlich wie in unseren Vorstellungen ist es selten. Auch wenn wir oft glauben, bei den anderen wäre es genauso und nur wir scheitern daran.
Die zweite mögliche Erklärung für Konflikte sind die
verschiedenen Rollen, die sonst nicht gleichzeitig gelebt werden.
Magdalena Sroka beschreibt es so: «Eine Person ist am Familienfest als Schwester, Tochter und Mutter. Und jede Rolle hat eigene Dynamiken. Diese Gleichzeitigkeit verschiedener Rollen birgt ein Konfliktpotenzial.»
Und der dritte mögliche Grund betrifft die
Traditionen.
«Bei traditionellen Anlässen sind wir nicht sehr flexibel, es herrscht vielmehr eine gewisse Rigidität und Sturheit», so erklärt es die Psychotherapeutin Sroka. Das erzeugt Druck, die Feier genau so zu gestalten, wie es erwartet wird – selbst, wenn es nicht unseren Wünschen und Bedürfnissen entspricht.
Zum Glück gibt es Tipps für weniger Konfliktpotenzial:
Sich hinterfragen und miteinander sprechen
Es hilft, sich zu fragen: Was sind meine verschiedenen Rollen? Und was meine Erwartungen? Der Vorschlag von Sroka: «Weniger erwarten und Familienfeste als einen Anlass zu sehen, wo alle zusammenkommen. Und nicht als einen gelebten Werbespot für eine glückliche Familie.»
Und auch, sich zu fragen, was häufig zu Konflikten führt. Fühle ich mich bereits erschlagen, wenn die Gäste kommen, weil ich vorher geputzt, gekocht und alles eingerichtet habe? Dann kann es helfen, diese Aufgaben einige Tage vor dem Fest innerhalb der Familie zu verteilen.
Care-Arbeit zur Weihnachtszeit
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Weihnachtsschmuck aufhängen, Samichlaus-Säckli füllen, Geschenke organisieren, Tannenbaum besorgen und dekorieren, Weihnachtskarten verschicken, einkaufen, Menschen einladen, kochen – all das gehört auch zur unbezahlten Care-Arbeit. Und ist nicht gleichmässig zwischen den Geschlechtern verteilt.
Bei verschiedengeschlechtlichen Paaren mit Kindern übernehmen Frauen im Durchschnitt den grösseren Anteil davon. Im Vergleich zu Männern arbeiten Frauen im Schnitt eine Stunde pro Woche mehr, wenn man bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammenzählt.
Und Achtung vor diesem Stolperstein: Der Ratschlag an die Person, die für ein Familienfest putzt, einkauft und kocht, «sie solle es entspannt nehmen», hilft wenig. Das verstärkt vielmehr den Druck, alles spielend leicht und ohne Stress zu erledigen. Hilfreicher ist es, die Erwartungen zu benennen und gemeinsam zu entscheiden, wer was bis wann erledigt.
Auch am Fest hilft die Selbstreflexion für eine Regulation der eigenen Gefühle. Bei Missbilligung oder Ärger hilft es, einige Male durchzuatmen oder den Raum kurz zu verlassen.
Und wann ist es genug?
Magdalena Sroka fasst es in einer kurzen Formel zusammen: «Nicht teilzunehmen ist dann eine sehr gute Idee, wenn mir die Teilnahme mehr Energie nimmt, als sie gibt.»
Doch sie betont: Das bedeute nicht, dass Konflikte grundsätzlich vermieden werden müssen. Es darf anstrengend sein und alte Rollen reaktivieren. Doch unter dem Strich sollte das Gefühl da sein: Schön, dass ich dabei war.
Doch Familien können leider auch Orte von Gewalt sein. Werden am Familienfest Menschen systematisch erniedrigt oder gedemütigt, dann handelt es sich nicht um Familienstreitigkeiten, sondern um häusliche Gewalt.
Gewalt in Familien rund um Feiertage
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Häusliche Gewalt bezeichnet das Androhen oder Ausüben von Gewalt. Und zwar innerhalb einer bestehenden oder aufgelösten familiären, ehelichen oder partnerschaftlichen Beziehung. Diese Gewalt kann physisch, psychisch, sexuell oder ökonomisch sein.
Wie die Geschäftsführerin der Stiftung Frauenhaus Zürich Anja Derungs betont: «Häusliche Gewalt passiert an einem Ort, der eigentlich für Geborgenheit und Sicherheit steht, nämlich zu Hause. Und dennoch hat häusliche Gewalt nichts mit einem Beziehungsproblem oder Familienstreitigkeiten zu tun. Denn häusliche Gewalt passiert nicht auf Augenhöhe – es geht um Macht, Machtausübung oder Machterhalt. Das Ziel häuslicher Gewalt besteht meistens darin, die Partnerin zu kontrollieren, zu dominieren, einzuschüchtern oder zu bestrafen. Häusliche Gewalt ist kein normaler Streit und meistens nicht ein einmaliger Gewaltausbruch, sondern ein wiederholtes, systematisches Gewaltverhalten.»
Häusliche Gewalt ist in der Schweiz weit verbreitet. So schreibt 2023 das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann EBG, dass jedes Jahr durchschnittliche 25 Personen infolge häuslicher Gewalt sterben. Also durchschnittlich eine Person alle zwei Wochen. Die Mehrheit der Getöteten sind Frauen. Und gemäss Zahlen des EBG von 2020 hat jeder fünfte Jugendliche in der Vergangenheit Gewalthandlungen zwischen seinen Eltern beobachtet.
Und dann ist ein Fernbleiben die beste Option. Um sich selbst und gegebenenfalls Kinder zu schützen. Und um selbst ein Fest zu gestalten, das den eigenen Bedürfnissen nach Sicherheit und Besinnlichkeit entspricht.
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