Die häufigste Methode zur künstlichen Befruchtung ist die In-vitro-Fertilisation (IVF), bei der Samen und Eizellen im Labor zusammengebracht werden. Der im Reagenzglas erzeugte Embryo wird dann in die Gebärmutter implantiert. Eine Studie hat nun untersucht, wann man diesen Schritt am besten macht. «Die Ergebnisse zeigen: Die verschiedenen Optionen bergen ein Dilemma für die werdende Mutter», sagt Wissenschaftsredaktorin Irène Dietschi.
Was genau ist ein Embryotransfer?
«Es ist ein zentraler Schritt der In-vitro-Fertilisation (IVF) und bezieht sich auf die Rückgabe der Eizelle; drei bis fünf Tage, nachdem sie im Reagenzglas befruchtet worden ist. Mit Hilfe eines Katheters wird der Embryo durch Scheide und Muttermund in die Gebärmutter eingebracht. Auch bei der natürlichen Zeugung braucht der Embryo drei bis fünf Tage, um durch den Eileiter in die Gebärmutter zu wandern und sich dort einzunisten.»
«In der Reproduktionsmedizin wird über den richtigen Zeitpunkt dieses Transfers immer wieder diskutiert. Es gibt Kliniken, die den Embryotransfer am dritten Tag nach der Befruchtung vornehmen. Andere Kliniken warten bis zum fünften Tag – wenn der Embryo bereits das sogenannte Blastozysten-Stadium erreicht hat. In diesem Stadium hat der Embryo bereits eine komplexe Struktur mit etwa 200 Zellen. Nun hat eine holländische Studie untersucht, welcher Zeitpunkt zu besseren Ergebnissen führt: Tag 3 oder 5.»
Warum ist für Laien wichtig, wann der beste Zeitpunkt für die IVF ist?
«Für Paare, die IVF in Anspruch nehmen, beginnt nach dem Embryotransfer das Hoffen und Bangen, ob sich der Embryo in der Gebärmutter einnistet. Ob es zu einer Schwangerschaft kommt, ob man neun Monate später vielleicht ein Neugeborenes in den Armen halten darf. Es ist ein entscheidender Moment in einem Verfahren, das für Paare physisch und psychisch sehr herausfordernd sein kann.»
Wie hat das Forschungsteam seine Studie aufgesetzt?
«Die Forschenden untersuchten insgesamt 1200 Frauen, die sich an verschiedenen Zentren einer IVF unterzogen. Die Teilnehmerinnen wurden in zwei Gruppen geteilt: Die eine Gruppe erhielt den Embryotransfer am dritten Tag, die andere am fünften. Die Forschenden untersuchten einen Behandlungszyklus pro Patientin.»
«Das Ziel war herauszufinden, ob der spätere Transfer erfolgreicher ist, also zu mehr Geburten führt. In Fachkreisen wird häufig argumentiert, Tag 5 eigne sich eher, um den 'besten' Embryo auszuwählen.»
Zu welchem Schluss kommt die Studie?
«Ob Tag 3 oder 5, scheint erst einmal keine Rolle zu spielen: Innerhalb eines Behandlungszyklus' brachten die Frauen gleich viele Kinder zur Welt. Diese sogenannte Lebendgeburtrate betrug in beiden Gruppen 59 Prozent.
Trotzdem gibt es Unterschiede: Frauen mit einem Embryotransfer am fünften Tag hatten weniger Schwangerschaftsverluste. Und sie benötigten insgesamt weniger Embryotransfers. Also weniger Anläufe für eine Schwangerschaft als Frauen, die den Embryotransfer an Tag 3 hatten.
Doch der spätere Embryotransfer im Blastozysten-Stadium hat auch Nachteile: Gemäss der Studie geht er mit einem leicht erhöhten Risiko für Frühgeburten einher.
Was empfehlen die Studienautorinnen, wie man mit diesen Informationen umgehen soll?
«Sie raten Kliniken und den Patientinnen dazu, jede Situation individuell anzuschauen und abzuwägen: zwischen dem Risiko einer Frühgeburt einerseits. Und anderseits der emotionalen Belastung, dass mehrere Embryotransfers nötig sein könnten, um schwanger zu werden.»