Worum geht es? Bauch-, Kopf- und Rückenschmerzen, Cravings, Brustspannen: Die vielen Gesichter des prämenstruellen Syndroms (PMS) sind wohl den meisten Frauen bekannt.
Doch manche Frauen leiden extrem. Grund dafür sind weder Kopfschmerzen noch Krämpfe, sondern Leere und Wut – typische Symptome einer prämenstruellen dysphorischen Störung, kurz PMDS. Die Psychotherapeutin Almut Dorn hat ein Buch für Betroffene geschrieben. Mit ihr klären wir die drängendsten Fragen.
Was ist PMDS? PMDS ist quasi die schwerste Form der PMS. Während bei PMS oft körperliche Symptome im Vordergrund stehen, leiden Betroffene bei der PMDS psychisch – deutlich stärker als bei PMS. «Schon die Bezeichnung Dysphorie, das Gegenteil von Euphorie, macht das deutlich», so Almut Dorn.
Die depressiven Symptome treten in der zweiten Hälfte des Zyklus auf und belasten sowohl die PMDS-Betroffenen als auch ihre Beziehung zu Partnern oder Arbeitskolleginnen.
Wie viele Frauen sind betroffen? Forschende gehen von bis zu acht Prozent aus, die Dunkelziffer könnte noch höher sein. PMDS ist kaum erforscht, weshalb die Störung von Fachpersonen häufig nicht oder spät erkannt wird.
Erst 2022 ist PMDS offiziell als Krankheit ins ICDD aufgenommen worden. Ausserdem ist die PMDS-Diagnostik kein Teil des Medizin-Studiums oder der gynäkologischen Ausbildung – und selbst für ausgebildete Fachpersonen schwer zu diagnostizieren.
Was macht die Diagnose schwierig? «Dass es einen Zusammenhang zwischen Hormonschwankungen im Zyklus und dem Auftreten der PMDS-Symptome gibt, ist bekannt. Es ist aber nicht so, dass man PMDS durch Blutuntersuchungen oder Hormonanalysen diagnostizieren kann. Die Werte befinden sich in der Regel im Normbereich», so Almut Dorn. Ausserdem gibt es psychische Störungen wie Depressionen, die sich prämenstruell verstärken können.
Vielen betroffenen Frauen ist nicht sofort bewusst, dass sich ihre Stimmung zyklisch verändert. «Oft meinen Frauen, sie seien depressiv, sind aber auch irritiert über die Phasen, in denen sie sich normal fühlen», so Dorn. Deshalb konsultieren sie oft mehrere Fachpersonen, bis die Diagnose steht.
Wie entsteht PMDS? Häufig kommen verschiedene Faktoren zusammen, wenn eine Störung wie PMDS entsteht. Einer davon ist die Genetik.
Auch die Lebensumstände spielen eine Rolle: «Auffällig ist, dass PMDS bei vielen jungen Müttern zum ersten Mal auftritt. Oft erzählen Frauen, dass sie ihre Stimmungsschwankungen vor dem ersten Kind bereits bemerkt haben, aber Strategien entwickelt haben, damit umzugehen», so Almut Dorn.
Sie haben sich etwa mit Spaziergängen Raum für die harzigen Zeiten im Zyklus geschaffen. «Sobald das erste Kind da ist, können viele diese Bewältigungsstrategien aber nicht mehr aufrechterhalten.»
Was hilft? «Wenn wir die Studienlage zu PMDS anschauen, sind Sport oder Nahrungsergänzungsmittel zwar hilfreich, aber nicht ausreichend», so Almut Dorn. Natürlich lohne es sich, schrittweise vorzugehen, um alle Behandlungsoptionen zu nutzen. Aber: «Wissenschaftlich nachgewiesen sind Medikamente, die das Hormon- oder Stimmungssystem beeinflussen.»
Mit einer Hormontherapie (einer Pille im Langzyklus etwa) können Schwankungen im Zyklus verringert werden. Antidepressiva wiederum gleichen die Stimmungs-Tiefs aus. Häufig wirken sie mit niedriger Dosierung.