«80 Prozent der spontanen Selbstberührungen des Menschen sind auf das Gesicht gerichtet», sagt der Psychologe Martin Grunwald, Leiter des Haptik Forschungslabors an der Universität Leipzig. Unabhängig von Herkunft oder Kultur, Menschen weltweit berühren sich bis zu 800-mal pro Tag im Gesicht.
Das sind im Wachzustand bis zu 50 Berührungen pro Stunde. Ohne dass es irgendwo im Gesicht juckt oder eine Haarsträhne aus dem Gesicht gestrichen werden muss. Warum sich die einen Menschen mehr berühren, die anderen weniger – das will der Psychologe als nächstes erforschen, verrät er.
Der Drang, sich im Gesicht zu berühren
Frage Martin Grunwald bei den Probandinnen und Probanden nach, wie oft sie sich im Gesicht berührt hätten, kämen diese nie auf diese hohe Zahl. «Sich im Gesicht zu berühren, kann man kaum vermeiden», sagt Grunwald aufgrund seiner Forschung.
Wenn sich das Gegenüber oft ins Gesicht fasst, kann man sich schon fragen, ob man in einem Gespräch wohl zu aggressiv aufgetreten sein könnte.
Aber es gebe Menschen, die sich von Natur aus weniger berühren. «Das sind dann aber immer noch 400 Berührungen pro Tag.» Pro Stunde sind das stets noch bis zu 25 Hände-Gesicht-Kontakte.
Diese Teile des Gesichts berühren wir am liebsten
Stirn, Nase und Kinn – die sogenannte T-Zone des Gesichts – werden bei spontanen Selbstberührungen im Gesicht besonders oft angefasst. Grunwald und sein Team nehmen an, dass dies an den Rezeptoren in dieser Zone des Gesichts liegt.
Auch die unsichtbare Gesichtsbehaarung, die sogenannten Vellushärchen, werden das Ihre dazu beitragen. Die Forschenden vermuten, dass die Haut dort, wo diese feinen, durchsichtigen Haare spriessen, sensibler auf Berührungen reagiert.
Warum wir uns so gerne im Gesicht berühren
Spontane Selbstberührungen im Gesicht – so viel hat Grunwald mittlerweile herausgefunden – passieren in stressreichen Situationen und bei enormer Freude oder Begeisterung. «Wahrscheinlich hat das mit der Biologie der emotionalen Regulation zu tun», so der Wissenschaftler. Es geht unter dem Strich darum, nach starken Emotionen wieder die Mitte zu finden, indem man sich im Gesicht berührt.
Hat das Gegenüber ständig die Hände im Gesicht, hat das womöglich Gründe. Auch da gibt es noch einiges zu erforschen. Grunwald vermutet: «Wenn sich das Gegenüber oft ins Gesicht fasst, kann man sich schon fragen, ob man in einem Gespräch wohl zu aggressiv aufgetreten sein könnte.» Dann vielleicht einen Gang herunterfahren.