Er beleidigte den Schiedsrichter und die Zuschauenden, warf seinen Schläger durch die Gegend und war bekannt für seine Schimpf-Tiraden: John McEnroe, der ehemalige Tennisspieler und «Badboy» seines Sports. Schimpfen oder Fluchen beim Sport – das machen viele, ob Profi- oder Hobbysportlerinnen. Und auch wenn sie nicht gerne gehört werden: verbale Ausbrüche haben Auswirkungen auf die sportliche Leistung.
Schimpfen, also tabuisierte oder sozial verbotene Ausdrücke zu verwenden, steht oft im Zusammenhang mit starken Emotionen. «Fluchen kann Wut und Frust ausdrücken, aber auch Freude und Erleichterung nach dem Meistern einer besonders anstrengenden Herausforderung», sagt der Sportpsychologe Jan Rauch, der an der Zürcher Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften lehrt. Dabei wird das limbische System aktiviert, das im Gehirn für Emotionen und Erinnerungen zuständig ist. Es sind also andere Gehirnregionen involviert, als wenn wir normal sprechen.
Falls Sie während dem Sporttreiben das eine oder andere Schimpfwort zurückgehalten haben, könnten diese Studienergebnisse Ihren künftigen Umgang damit verändern. Denn Fluchen kann positive Effekte auf die Leistung haben. Und zwar können Menschen dank der derben Ausdrücke mehr Kraft mobilisieren.
Der Sportpsychologe erklärt: «Wenn ein Torschuss an die Latte geht und sich ein Spieler darüber aufregt, kann das bei ihm eine Kampfreaktion im autonomen Nervensystem auslösen. Dadurch werden Ressourcen bereitgestellt, die im normalen Zustand nicht zur Verfügung stehen.» Fluchen könne also eine enthemmende Wirkung entfalten. Im Falle des Fussballspielers bedeutet das: Der Ball prallt ab und der Spieler sprintet mit noch mehr Energie los.
«Das gelingt aber nur, wenn der Kraftausdruck dem Gehirn signalisiert, dass es sich um eine aussergewöhnliche Situation handelt», führt Rauch weiter aus. Sagt eine Person jeden Morgen «Donnerwätter», wird der Ausdruck im Training kaum eine Leistungssteigerung bewirken. Zudem ist es von Person zu Person sehr unterschiedlich, ob dank Fluchen die letzten Energieressourcen wirklich angezapft werden können.
Fluchen kann Wut verstärken und ablenken
Manche können durchs Fluchen Frust loswerden und sich beruhigen. Aber Achtung: «Bei den allermeisten Menschen passiert das Gegenteil. Es verstärkt den Frust und die körperliche Aufregung», betont Rauch. Je nach Kontext wirkt Fluchen beim Sport nicht enthemmend, sondern ist kontraproduktiv. «Denkt ein Fussballspieler nur noch an den blöden Lattenschuss, den schlechten Rasen, den unfairen Schiedsrichter, und steigert sich in seinen Ärger hinein, dann ist Fluchen keine gute Strategie.» Ein Sportler lenke dadurch seine ganze Aufmerksamkeit aufs Negative und könne sich nicht dem fortgesetzten Spiel widmen.
«Als Hobby-Sportlerin oder Sportler darf man gerne mal ausprobieren, was fluchen mit einem macht – solange niemand zuhört», sagt Rauch und lacht. Grundsätzlich rät er aber von dieser Strategie zur Leistungssteigerung ab. «Es kann zwar in Ausnahmefällen kurzzeitig stärker oder schneller machen». Aber aus einem Hobbysportler wird dadurch kein Xherdan Shaqiri.
Sein Tipp: Sich auf Belohnungen wie das Gefühl von Stolz und Triumph oder auf eine leckere Mahlzeit konzentrieren, die nach der Anstrengung warten. Aber auch hier kann der Effekt mit der Zeit nachlassen.