Früh morgens auf dem Landwirtschaftsbetrieb Juchhof in Zürich. Ein Tanklaster pumpt Gülle aus einem grossen Becken. Nicht irgendeine Gülle, sondern Biogasgülle versetzt mit gut 20 Tonnen Pflanzenkohle. Entsprechend schwarz ist das Düngergemisch.
Die Aktion ist Teil eines Forschungsprojekts von Grün Stadt Zürich in Zusammenarbeit mit der Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL. Ziel ist es herauszufinden, wie sich das Potenzial von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft optimal nutzen lässt.
Pflanzenkohle als Kohlenstoffspeicher
Gerade in der Landwirtschaft sei Pflanzenkohle von besonderer Bedeutung, erklärt Bodenexperte Markus Steffens. «Weil man damit auf der einen Seite langfristig Kohlenstoff speichern kann und weil es andererseits den Boden verbessern kann», so Steffens. 2,5 Tonnen CO2-Äquivalente lassen sich pro Tonne Gülle-Kohle-Gemisch dauerhaft im Boden speichern. Die Landwirtschaft gilt als viertgrösster Treibhausgas-Emittent der Schweiz. Methoden zur Kompensation sind gefragt.
Kohle ist nicht gleich Kohle
Pflanzenkohle hat Potenzial. Darin ist sich die Forschung mehrheitlich einig – vorausgesetzt sie ist korrekt hergestellt. Denn Kohle ist nicht gleich Kohle! Neben unbelastetem Ausgangsmaterial ist der Pyrolyse-Prozess zur Herstellung entscheidend. Nur dann entsteht hochwertige, zertifizierte Pflanzenkohle.
Hochwertige Pflanzenkohle ist sehr porös und verfügt dadurch über einzigartige Fähigkeiten. Ein Gramm hat eine Oberfläche von bis zu 300 Quadratmetern. Wie ein Schwamm kann sie so bis zur 5-fachen Menge des Eigengewichts an Wasser und den darin gelösten Nährstoffen speichern. Pflanzenkohle kann damit nachweislich zur Bodenverbesserung beitragen. Das bestätigt auch eine aktuelle Studie der Bundesforschungsanstalt Agroscope.
Offene Fragen bei der Anwendung
Doch bei aller Euphorie gibt es auch noch Unklarheiten. Fast alle Erkenntnisse beruhen auf Labor- und Topf-Experimenten und sind wenig aussagekräftig, wenn es um die Anwendung von grossen Mengen geht. Genau da setzt das Forschungsprojekt von Grün Stadt Zürich und FiBL an.
«Das Besondere an dem Experiment ist, dass wir grosse Mengen ausbringen», erklärt Markus Steffens. 42 Tonnen Pflanzenkohle verteilt auf sechs Hektare Acker sind es insgesamt. Mindestens sieben Jahre läuft das Experiment. Und es ist ein Praxisfeldversuch. Das Feld wird nach gängiger landwirtschaftlicher Praxis bestellt und bearbeitet. Die Forschenden wollen so Wissenslücken schliessen und klare Anwendungsempfehlungen für Landwirte und Landwirtinnen erarbeiten.
Hohe Kosten schrecken ab
Denn mit 1'200 Franken pro Tonne sind die Kosten für Pflanzenkohle hoch. Landwirtschaftsbetriebe sind Unternehmen. Nur wenn klar ist, wann Pflanzenkohle den maximalen Nutzen erzielt, setzen Landwirte und Landwirtinnen diese auch ein.
Fazit: Pflanzenkohle wird unser Klima nicht retten. Solche Mengen lassen sich weder herstellen noch ausbringen. Aber: In Pflanzenkohle steckt viel Potenzial. Dies nicht zu nutzen, wäre eine vertane Chance. Sowohl für die Landwirtschaft als auch fürs Klima.