Diese Woche findet im chinesischen Kunming die Weltnaturschutzkonferenz statt. Knapp 200 Vertragsstaaten der UNO-Konvention nehmen teil. Das Ziel: die biologische Vielfalt unserer Erde erhalten.
Ein gemeinsames Abkommen, eine schriftliche Garantie für mehr Biodiversität und Artenvielfalt, soll dafür sorgen. Erst im Mai 2022 sind die Schlussverhandlungen. Doch bereits gestern haben sich die Teilnehmenden auf einige Eckpunkte verständigt.
Aber welche sind das? Und was bringt die Erklärung von Kunming überhaupt? Die wichtigsten Fragen – beantwortet von Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler.
Was sind die Ziele des Abkommens?
Ein erster Entwurf des Abkommens zeigt: Bis 2030 sollen 30 Prozent der globalen Landfläche und der Meere als Schutzgebiete ausgewiesen werden. Auf dem Land wäre das fast doppelt so viel wie heute. Bei den Ozeanen sogar mehr als dreimal so viel. Auch der Einsatz von Pestiziden soll um 2/3 reduziert werden. Ausserdem sollen die Milliarden von Subventionen, die der natürlichen Vielfalt schaden – etwa für zu intensive Landwirtschaft – in Zukunft für den Erhalt der Natur oder für Renaturierung zerstörter Naturräume ausgegeben werden.
Auch die indigene Bevölkerung soll zukünftig beim Anlegen von Schutzgebieten einbezogen werden. Das ist bis jetzt nicht immer der Fall, obwohl die lokale Bevölkerung, wie Untersuchungen zeigen, ihren Naturraum oft besser schützt als manche Naturschutzparks mit ihren Rangern.
Wo steht die Welt beim Artenschutz aktuell?
Schätzungsweise eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht. Das Tempo dieses Artentodes hat zugenommen: In den letzten 10 Millionen Jahren war es nie so hoch wie heute. Es gibt auch bedrohliche Zeichen, die ganze Naturräume betreffen. So könnte die Abholzung im Amazonas, die vielen Feuer und die Klimaerwärmung dazu führen, dass ein Teil des riesigen Regenwaldes zur Savanne wird.
Warum geht uns das etwas an?
Weil das verheerende Folgen hat – und zwar nicht nur für das weiträumige Klima im Amazonas und die Landwirtschaft dort. Der Regenwald bindet etwa grosse Mengen an Kohlenstoff. Das Fazit aller Berichte, die sich dem Artenschutz widmen, ist: Der Niedergang der Biodiversität gefährdet auch die Lebensgrundlage von uns Menschen.
Wie steht es in der Schweiz um Biodiversität?
Auch bei uns gibt es viele ungelöste Probleme. Zum Beispiel bei der Landwirtschaft: Die Konflikte darum, wie intensiv sie sein darf, wie viele Ausgleichsflächen die Bauern auf ihrem Land anlegen müssen, welcher Teil der milliardenschweren Subventionen an Ökobedingungen geknüpft sein sollen.
Oder bei der Renaturierung von Gewässern: Obwohl sich in den letzten Jahren einiges verbessert hat, kollidieren auch da die Interessen. Die der Natur und jene der Elektrizitätswerke etwa. Auch die letzten Abstimmungen im Tessin und Graubünden zu neuen Schutzgebieten haben gezeigt, wie schwierig es ist, die Bevölkerung für diese zu gewinnen.
Wie realistisch sind die Ziele für die Weltgemeinschaft?
Wichtig wäre, dass die Architekten der Beschlüsse nicht nur Ziele reinschreiben, sondern auch Mechanismen dafür, mit denen die Zielerreichung überprüft werden kann. Sanktionen für verfehlte Ziele wird es wohl nicht geben – das hätte politisch keine Chance. Kein Land will seine Souveränität so beschränken. Das zeigt sich auch beim Pariser Abkommen: Selbst nach fünf Jahren gibt es zu wenige konkrete Schritte. Bei der Biodiversität wird es wohl nicht anders sein.