Die Folgen der Klimaerwärmung sind überall sicht- und spürbar. Dies zeigt der zweite Teil des Berichts des Weltklimarates IPCC, der diese Woche veröffentlicht wurde. Mit Folgen auch für die Schweiz.
Ein Schutzwald wird bewässert
Am trockenen und steilen Walliser Südhang zieht sich die BLS-Bahnstrecke von Brig im Rhonetal hinauf zum Lötschberg-Scheiteltunnel in Goppenstein und überwindet dabei rund 550 Höhenmeter.
Hier, an der sogenannten Lötschberg-Südrampe bedrohen seit je her Steinschlag und Murgänge die Sicherheit der Bahnstrecke. Darum liess die Bahngesellschaft BLS kurz nach Fertigstellung der Strecke um 1910 grossflächig Bäume pflanzen, entlang und vor allem oberhalb der Bahnstrecke als Schutz.
Schon damals gehörte dieser Teil des Rhonetals zu den trockensten Standorten der Schweiz. Von Beginn an mussten die neu gepflanzten Bäume und später der Wald bewässert werden.
Das Wasser wird knapp
Heute obliegen das Bewässern sowie die Wald- und Hangpflege dem BLS-eigenen Revierförster Ferdinand Pfammatter und dessen Team.
Über hundert Jahre lang wuchsen in seinem Wald Ahorn, Eschen und Birken. Doch seit rund acht Jahren beobachtet er, dass gewisse Baumarten absterben. «Rund ein Drittel des Eschenbestandes ist eingegangen.» Ein Grund: die immer grössere Trockenheit während des Sommers.
Zusätzlich wird das Bewässerungswasser knapper, so Pfammatter. Also das Wasser, das aus den Gletschern und Eisfeldern hoch oben im Gredetschtal gefasst wird. Die Folgen: Es kommt auch im Schutzwald häufiger zu kleinen Rutschungen und Murgängen.
Neue Arten müssen her
Gemeinsam mit ihrem Revierförster und Experten für Naturgefahren im alpinen Bereich suchen die BLS nun neue, trockenheitsresistentere Baumarten, die im Schutzwald gepflanzt werden können. Dies geschieht im Rahmen eines Pilotprojekts des Bundes zur Minimierung der Folgen des Klimawandels.
Förster Pfammatter und sein Team haben in den letzten Monaten und Jahren in mühsamer Kleinarbeit alle Pflanzen und Bäume im Revier aufgenommen. Mit diesen Daten, zusammen mit lokalen Klima- und weiteren Studien, wurde ein erster Bericht erfasst, welche klimaangepassten Baumarten den Schutzwald an der BLS Bergstrecke langfristig sichern könnten: Robinien, Flaumeichen und Blumeneschen zum Beispiel.
Ein langer Weg
Nun müssen die neuen Baumsorten erstmals angepflanzt werden. Einzelne Versuche sind bereits gestartet, in Parzellen mit Bewässerung, aber auch in solchen ohne.
Die Krux dabei: Die neuen Baumsorten wachsen am besten ohne zusätzliches Wasser, der bestehende Schutzwald hingegen sei ohne Berieselung innert dreier Jahre tot, so Förster Pfammatter.
Hier einen gangbaren Weg zu finden, wird noch Jahre dauern. «Ich rechne mit bis zu fünfzig Jahren, bis hier ein ‹neuer› Wald komplett die Schutzfunktion übernommen haben wird», so Ferdinand Pfammatter.