Zum Inhalt springen

Mythen-Check Leben mit dem Wolf: Wie viel Wahrheit steckt hinter den Mythen

Der Wolf polarisiert. Ist er Gefahr für Mensch und Tier oder unverzichtbarer Teil der Natur? Wir machen den Faktencheck.

Mythos 1: Der Wolf ist für den Menschen gefährlich

Die Nina-Studie, eine grossangelegte internationale Studie zu Wolfsattacken auf Menschen zeigt: Das Risiko von einem Wolf angegriffen zu werden, ist extrem klein. Von 2002 bis 2020 kam es weltweit zu 489 Wolfsangriffe auf Menschen. Davon waren 380 Angriffe durch an Tollwut erkrankte Wölfe.

Weltweit starben 26 Menschen, davon zwei in Nordamerika und kein einziger in Europa. Angesichts der 60'000 Wölfe in Nordamerika und 15'000 Wölfen in Europa, die sich ihren Lebensraum mit hunderten Millionen Menschen teilen, ist das Risiko verschwindend klein.

Mythos 2: Mit steigender Wolfspopulation steigt das Risiko für den Menschen

Die Annahme, dass mehr Wölfe zu mehr Übergriffen führen, ist falsch. Trotz steigender Wolfspopulation in Europa kam es nicht zu mehr Angriffen auf Menschen. Hauptgründe sind die Ausrottung der Tollwut, das Verbot Tiere anzufüttern und grosse Wildbestände als Nahrung.

Mythos 3: Der Wolf ernährt sich hauptsächlich von Nutztieren

Kotanalysen zeigen, dass sich Wölfe in der Schweiz zu 83% von Wildtieren wie Hirschen, Rehen und Gämsen und nur zu 17% von Nutztieren ernähren. Gleichwohl reisst er immer wieder auch Nutztiere. Vor allem Schafe fallen ihm mit rund 1000 gerissenen Tieren pro Jahr am häufigsten zum Opfer.

Doch aktuelle Zahlen aus der Tierverkehrsdatenbank des Bundes zeigen, dass dies gerade zwei Prozent der verendeten Schafe in der Schweiz ausmacht. Zehntausende sterben an Krankheiten, Parasiten oder durch Unfälle.

Mythos 4: Der Wolf ist gut für die Biodiversität

Wölfe spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem. Es gibt Studien, die einen positiven Effekt von Wölfen auf die Waldverjüngung zeigen. Da der Wilddruck auf die Vegetation sinkt. Durch ihre Jagd regulieren Wölfe auf natürliche Weise die Bestände verschiedener Wildtiere wie Hirsche, Rehe oder Gämse. Dies führt zu weniger Verbiss an jungen Bäumen und schafft Lebensräume für andere Tierarten.

In der kleinräumigen Schweiz ist aber noch unklar, ob dieser Effekt nachgewiesen werden kann, da Menschen das Ökosystem stärker beeinflussen als in weitläufigen Gebieten wie dem Yellowstone-Park.

Mythos 5: Der Wolf gehört nicht in die Schweiz

Der Wolf lebte in der Schweiz, bis er vor 150 Jahren komplett ausgerottet wurde. 1994 ist er von Italien her in die Schweiz zurückgekehrt. Er ist international streng geschützt. Auch in der Schweiz. Aktuell sind 35 Rudel mit 315 Tieren in der Schweiz nachgewiesen.

Ein Wolf läuft zügig über Gras.
Legende: Der Wolf ist zurück in der Schweiz. Lange blieb es ruhig um ihn. Doch seit einigen Jahren vermehren sich die Wölfe exponentiell. IMAGO/Funke Foto Services

Da Wölfe territoriale Tiere sind, ist ihre Vermehrung begrenzt. Aber ohne jegliches Eingreifen des Menschen, könnte sich die Zahl der Rudel in der Schweiz verdoppeln bis verdreifachen, bis die Obergrenze erreicht ist und die Wölfe sich selbst regulieren würden. Das würde von der Gesellschaft aber wohl kaum akzeptiert.

Deshalb braucht es eine gezielte Regulation. Seit Dezember 2023 sind präventive Abschüsse ganzer Rudel erlaubt, um Risse an Nutztieren zu verringern. Eine Mindestanzahl von 12 Rudel müssen weiterhin in der Schweiz leben, was ungefähr 100 Tieren entspricht.

Einstein, 16.01.2025, 21:05 Uhr

Meistgelesene Artikel