Wann haben Sie zuletzt mit blossem Auge einen Kometen gesehen? Haben Sie überhaupt schon mal das Glück gehabt? Wenn nicht: jetzt wäre die Zeit dazu. Der Komet Tsuchinshan-ATLAS (sein amtlicher Name ist C/2023 A3) schickt sich an, uns als besonders schönes Exemplar seine Aufwartung zu machen.
Vom Asteroiden zum Hauptdarsteller
Erst letztes Jahr, im Januar 2023, wird ein Objekt auf Bildern vom Tsuchinshan Astronomical Observatory in China entdeckt. Es wird damals als Asteroid verkannt. Auch das Frühwarnsystem ATLAS, das kleinere Objekte erkennen soll, die auf die Erde zu stürzen drohen, sieht das Objekt nur einen Monat später. ATLAS erkennt aber noch mehr: das Objekt hat einen Schweif – es ist also ein Komet. Zu diesem Zeitpunkt ist Tsuchinshan-ATLAS noch rund 1,2 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt, irgendwo zwischen Saturn und Jupiter.
Tsuchinshan-ATLAS rast durch unser Sonnensystem und kommt am 12. Oktober 2024 der Erde am nächsten. Rund 70 Millionen Kilometer weit weg wird er dann sein. Eindrücklich auch seine Geschwindigkeit zu diesem Zeitpunkt: circa 80 Kilometer pro Sekunde relativ zur Erde. Und ab dann könnte Tsuchinshan-ATLAS auf der Nordhalbkugel seinen grossen Auftritt haben.
Schon ab dem 10. Oktober tauchte der Komet in den Abendstunden tief am Westhorizont auf. Gesehen hat man ihn dann aber wahrscheinlich kaum. Noch ist er zu nah an der Sonne. Nun steigt er aber jeden Tag höher und ab dem 12. Oktober könnte er gegen 19:30 Uhr mit blossem Auge zu bestaunen sein. Danach wird er wohl stetig an Strahlkraft verlieren und in der zweiten Monatshälfte ohne «Sehhilfe» kaum noch sichtbar sein.
Vorhang auf für Tsuchinshan-ATLAS (C/2023 A3)?
Zur grossen Show des Kometen braucht es allerdings noch einen weiteren Akteur. Das Wetter. Und das tut grad schwierig. Laut Mauro Hermann von SRF Meteo bringt eine Warmfront am Samstag vorübergehend viele Wolken. Diese lockern sich zwar abends allmählich auf, aber wohl zu spät, um den Kometen gut zu sehen.
Wie spektakulär wird die Show?
Um das Verhalten und die Helligkeitsentwicklung von Kometen abschätzen zu können, müsste man ihre Zusammensetzung und ihren Aufbau kennen. Bislang liess sich Tsuchinshan-ATLAS noch nicht zu sehr in die Karten schauen. Erste Bilder von der Südhalbkugel schauen aber vielversprechend aus.
Es gilt abzuwarten: Kometen sind regelrechte Wundertüten und immer für eine Überraschung gut.
Tsuchinshan-ATLAS: Ein One-Hit-Wonder
Zumindest bei einer Sache kann man sich sicher sein: Wenn nicht jetzt, dann werden wir diesen Kometen nie wieder sehen. Thomas Schildknecht vom Astronomischen Institut der Uni Bern erklärt: «Die Bahn dieses Kometen ist nach dem sonnennächsten Punkt leicht hyperbolisch. Das heisst, er wird nicht wiederkommen, oder höchstens nach Millionen von Jahren».
Seine Bahn lässt auch auf seine Herkunft schliessen: der Komet kommt vom äussersten Rand des Sonnensystems. Auf seiner weiteren Reise könnte er es sogar verlassen.