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Porträt von Sandro Lunin: Ein Mann mit grauem, gelockten Haar und Brille. Er steht vor einem bunten Hintergrund.
Legende: Sandro Lunin war als Leiter des Theaterspektakels Freund und Förderer vieler Künstler. ZTS/Christian Altorfer

Zürcher Theaterspektakel Sandro Lunin holte die Welt nach Zürich

Künstlerinnen und Performer über Jahre und Jahrzehnte zu fördern, war dem scheidenden Theaterspektakel-Leiter Sandro Lunin enorm wichtig. Das zahlte sich auch fürs Publikum aus.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Sandro Lunin leitet dieses Jahr zum letzten Mal das Theaterspektakel.
  • Unter Lunins Leitung machten sich junge Talente aus aller Welt auf der Landiwiese einen Namen: zum Beispiel Mariano Pensotti, Eisa Jocson oder Boyzie Cekwana.
  • Mit einigen Künstlerinnen und Performern verband Lunin eine jahrelange, persönliche Beziehung.

Die Russische Revolution als Unterhaltungsshow – das zeigt der argentinische Regisseur Mariano Pensotti in seiner jüngsten Produktion. «Arde brillante en los bosques de la noche» ist eine bitterböse, deftige Satire über Feminismus und den weiblichen Körper im Umfeld revolutionärer Ideen.

Nach und nach dekonstruiert er diese Ideale, bis sie nur noch als leere Hüllen dastehen. Geschickt mischt er dabei Puppenspiel, Theaterszenen und Film.

Mit dieser Produktion gastiert der 44-Jährige bereits zum dritten Mal am Zürcher Theaterspektakel. «Sandro Lunin ist der erste Veranstalter gewesen, der meine Arbeiten in Europa gezeigt hat», erzählt er.

Sandro Lunin

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Sandro Lunin
Legende: zVG / Christian Altorfer

Sandro Lunin gehört zu den prägenden Figuren der Freien Theater- und Tanzszene der Schweiz. Seit 10 Jahren leitet er das Zürcher Theaterspektakel – bei der aktuellen 38. Ausgabe zum letzten Mal. Sein Nachfolger auf der Landiwiese: Matthias von Hartz. Lunin übernimmt neu die künstlerische Leitung der Kaserne in Basel.

Künstlerischer Berater

Mariano Pensotti ist in der freien Szene tätig und realisiert aufwändige Produktionen. In Argentinien bekommt er nur wenig finanzielle Unterstützung. Auf internationale Koproduktionen sei er deswegen angewiesen.

Sandro Lunin sei für ihn jedoch mehr als bloss Produzent. Er sei auch künstlerischer Berater, auf dessen Meinung Mariano Pensotti grosse Stücke hält.

Vor einigen Monaten war Premiere seines jüngsten Stücks in Berlin. Lunin habe nach der Vorstellung Kritik geübt und das Zusammenspiel mit den Puppen bemängelt. Deswegen habe Pensotti die Inszenierung überarbeitet.

Erst Kurzstück, dann abendfüllend

Dass man die Tänzerin und Choreografin Eisa Jocson in Europa überhaupt kennt, geht ebenfalls zum Teil auf das Konto Lunins zurück. Er hat die Philippinin mit ihrer Produktion «Death of the Pole Dancer» nach Zürich eingeladen, zu den «Short Pieces»: seiner experimentellen Plattform für Kurzstücke, die er 2012 geschaffen hat. Nach der ersten Produktion unterstützte das Zürcher Theaterspektakel sie bei weiteren Soloprojekten.

Eisa Jocson

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Performerin Eisa Jocson war schon früher Gast am Theaterspektakel – 2013 mit «Macho Dancer». In der «Passage» erzählt sie über ihr Leben aus dem Koffer.

Solche Plattformen wie die «Short Pieces» seien für Künstlerinnen wie sie enorm wichtig, sagt Eisa Jocson. Sie habe davon profitiert, dass sie als junge aufstrebende Künstlerin neben etablierten Grössen des internationalen Festivalbetriebes für ein professionelles Publikum zu sehen war.

Mit Erfolg: Andere Festivalmacher aus Deutschland koproduzieren nun mit dem Zürcher Theaterspektakel gemeinsam ihre jüngste Produktion: Mit «Your Highness» gastiert sie erstmals mit einer abendfüllenden Produktion in Zürich.

Zusammenarbeit als Freunde

Bereits seit mehr als 15 Jahren kennen sich Sandro Lunin und der südafrikanische Performer Boyzie Cekwana. Getroffen haben sie sich an einem Festival in Johannesburg kurz nach dem Ende der Apartheid, als Lunin noch Co-Leiter des Berner Schlachthaus Theaters war.

Aus dieser Begegnung entstand nicht nur eine starke Arbeitsbeziehung, sondern auch eine persönliche Freundschaft.

«Lunin gibt mir ein Zuhause»

Eine Karriere habe er damals schon gehabt, sagt der 47-Jährige, die verdanke er nicht Lunin. Doch dieser habe ihm ein Zuhause gegeben, in dem seine Kunst und auch er sicher seien.

Denn das sei entscheidend: «Ich bin Künstler. Anders als für einen Bäcker, der sein Brot verkaufen muss, ist es für mich ein Privileg, wenn andere meine Performances sehen möchten.»

Boyzie Cekwana ist der künstlerische Austausch wichtig. Da sei Lunin für ihn unverzichtbar. Unter ihm sei das Zürcher Theaterspektakel zu einem Ort geworden, an dem man sich mit herausragenden Künstlern aus anderen Weltregionen austauschen könne.

Der Performer hätte diese vielleicht auch woanders treffen können: «Doch ich habe sie in Zürich getroffen, am Theaterspektakel.»

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