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Bischöfin Mariann Budde Wer ist die Frau, die Trump zur Besinnung mahnte?

Publikumswirksam und vor laufenden Kameras forderte Bischöfin Mariann Budde von Trump, er solle Erbarmen haben mit Migranten und der LGBTIQ+-Community. Es ist nicht das erste Mal, dass sie es mit Trump aufnimmt.

«Haben Sie Erbarmen mit den Menschen, die Angst haben, Herr Präsident», sagte Bischöfin Mariann Budde am Schluss ihrer Predigt. Erbarmen mit den Immigranten, den Flüchtlingen, den transgender Kindern. Worte, die den alten und neuen Präsidenten der USA sichtlich ärgerten. Die er sich aber anhören musste, öffentlich, vor dem grösstmöglichen Publikum.

Mariann Edgar Budde ist keine Unbekannte

Die 65-Jährige, die Trump so direkt mahnte, ist seit 14 Jahren Bischöfin der episkopalen Diözese von Washington, die erste Frau in diesem Amt.

Die episkopale Kirche in den USA

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Die episkopale Kirche ist eine der kleineren protestantischen Kirchen der USA, in der Tradition der anglikanischen Kirche. Sie gehört zu den sogenannten «mainline protestants» und hat eine lange Geschichte. Laut dem Pew Research Center sind 0,9 Prozent der US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner Mitglied in der Kirche.

Die Mutter von zwei Söhnen und «in die Enkel vernarrte Grossmutter», wie sie sich selbst auf der Website des Bistums beschreibt, setzt sich ein für Bürgerrechte, für Gleichberechtigung und gegen Rassismus. Dies zeigte sich bereits während der letzten Amtszeit von Donald Trump: Damals kritisierte die Bischöfin den Präsidenten während der Black Lives Matter-Proteste.

Rednerin mit Hut spricht bei Versammlung vor Menschen.
Legende: Bischöfin Mariann Edgar Budde spricht 2020 im Rahmen eines interreligiösen Gottesdienstes und Protests in der St. John’s Church. Die Veranstaltung fand als Unterstützung für die Black-Lives-Matter-Bewegung statt und war zugleich ein Protest gegen Präsident Trump. IMAGO / ZUMA Press Wire

Donald Trump hatte sich mit einer Bibel in der Hand vor eine episkopale Kirche gestellt, um die Proteste zu verurteilen. Bischöfin Mariann Budde erklärte damals, Donald Trump nutze zwar christliche Symbole, verbreite aber eine Botschaft, die der Bibel widerspreche. An einer Demonstration sprach sie gar davon, dass man Trump «loswerden» müsse.

Budde unterschrieb zudem im September 2024 gemeinsam mit 200 anderen christlichen Führungspersönlichkeiten einen Brief, der demokratische Werte aus der Bibel ableitete und davor warnte, die Demokratie zu unterwandern.

Reaktion auf Inaugurationsrede von Trump

Der Gottesdienst in Washington National Cathedral hat Tradition. Die Kathedrale wurde erbaut als nationale Kirche, in der bedeutende Gottesdienste abgehalten werden können, vor kurzem etwa die Abdankung des verstorbenen Präsidenten Jimmy Carter. Seit Jahrzehnten feiern Präsidenten nach ihrer Inauguration dort Gottesdienst. Die Predigt hält der zugehörige Bischof oder seit 2014 eben die Bischöfin.

Gruppenfoto von Menschen in formeller Kleidung bei einer Veranstaltung.
Legende: In der vollen Kathedrale und live im TV blossgestellt zu werden, missfiel Trump natürlich. Auf seiner Plattform «Truth Social» schrieb er: Die «sogenannte Bischöfin» sei eine radikale linke Trump-Hasserin. Er fordert nun eine Entschuldigung von ihr. IMAGO / ABACAPRESS

Der Gottesdienst war denn auch bereits seit einem halben Jahr in Planung, unabhängig davon, wer die Wahl gewinnen würde. Bischöfin Mariann Budde sagte in den Medien, sie habe eigentlich nicht politisch werden und vor allem zur Gemeinde predigen wollen. Doch nach der Inaugurationsrede von Donald Trump habe sie sich verpflichtet gefühlt, sich direkt an den Präsidenten zu wenden.

Christliches Engagement gegen Trump ist typisch

Mariann Budde ist damit gelungen, was wenige christliche Predigten schaffen: Sie hat ein Publikum erreicht, das über die eigene Gemeinschaft hinaus geht. Denn die religiöse Landschaft in den USA ist sehr divers, Gottesdienste besuchen die meisten in der eigenen Gemeinschaft und nirgends sonst. Und so unterschiedlich die Gemeinschaften, so unterschiedlich auch die politischen Haltungen.

Was ist das «Sanctuary Movement»?

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Das «Sanctuary Movement» entstand in den 1980er-Jahren, als neue Gesetze es Migrantinnen und Migranten aus Zentralamerika erschwerten, in den USA Asyl zu erhalten. Diverse religiöse und politische Institutionen (Gemeinden, Städte und Staaten) erklären Gebäude, Kirchen und Synagogen zu Schutzräumen für Migrantinnen und Migranten.

Teil des Sanctuary Movements sind Staaten wie Kalifornien, Städte wie New York oder Washington und viele Kirchen und Religionsgemeinschaften wie Lutheraner, Katholikinnen, Orthodoxe, Presbyterianer, Methodistinnen, Baptisten, Quäkerinnen, Mennoniten, aber auch Juden und in neuster Zeit Musliminnen.

Der Einsatz für Migrantinnen und Migranten allerdings vereint viele Konfessionen und Religionen. Im «Sanctuary Movement» haben sich diverse christliche Kirchen, aber auch jüdische Gemeinschaften, zusammengeschlossen, um Flüchtlingen Schutz zu bieten. Donald Trump hatte angekündigt, hart gegen Organisationen vorzugehen, die dies tun. Hier also steht Bischöfin Mariann Budde in einer langen Tradition.

SRF1, Tagesschau, 22.1.2024, 19:30 Uhr

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