Das ist passiert: Um weiter Forschungsgelder von der Regierung zu erhalten, ändert die Columbia University ihre Richtlinien für Proteste. An der renommierten New Yorker Eliteuni hatten Studierende während Monaten gegen die Invasion in Gaza protestiert, worauf die Regierung Trump der Columbia vorwarf, Antisemitismus zu dulden. Trump hatte gedroht, 400 Millionen Dollar an staatlichen Forschungsgeldern zu kürzen. Nun beugt sich die Hochschulleitung der Drohung des US-Präsidenten. Expertinnen und Experten sprechen von einem gefährlichen Präzedenzfall, der die akademische und die Forschungsfreiheit gefährde. Betroffen sein könnten zahlreiche weitere Universitäten.
Wie alarmierend ist diese Entwicklung? Wissenschafts-Historiker Caspar Hirschi von der Universität St. Gallen äussert gegenüber SRF seine Beunruhigung angesichts dieser Nachricht: «Dass Trump und seine Administration Druck auf die Universitäten ausübten, ist wenig überraschend. Überraschend und auch enttäuschend finde ich dagegen, wie schnell die Columbia Universität vor diesen Forderungen eingeknickt ist.»
Zwar gehe es um einen sehr hohen Betrag. Aber da die Columbia University ein Vermögen von 15 Milliarden US-Dollar habe und allein im letzten Jahr an der Börse über 1 Milliarde dazugewonnen habe, hätte es sicher Möglichkeiten gegeben, den Betrieb trotz der Einbusse bei den staatlichen Forschungsgeldern weiterzuführen, so Hirschi.
Bleibt es bei dieser einen Universität? Trump habe ein Exempel statuiert, sagt Wissenschafts-Historiker Hirschi, und wie man ihn kenne, werde er das auch auskosten. Es zeichne sich jetzt schon ab, dass auch andere Universitäten in sein Visier geraten werden. «Die nächste, die genannt wird, ist die University of Pennsylvania. Das heisst, man kann sich durchaus vorstellen, dass solch ein Vorgehen nun bei einer Hochschule nach der anderen ausprobiert wird.»
Ist damit die Forschungsfreiheit in den USA in Gefahr? Laut Historiker Hirschi wird die Forschungsfreiheit dadurch eingeschränkt. Anders als bei einer kompletten Unterbindung, wie man es teilweise aus Diktaturen und Autokratien kenne, sei dies aber ein gradueller Prozess. «Die USA werden sich, was die Forschungsfreiheit betrifft, nicht in ein zweites China verwandeln. Aber es wird ein anderes Regime herrschen. Eine moderate Selbstzensur wird ersetzt durch eine Kultur der rabiateren Fremdzensur.» Die Regierung wolle mitbestimmen, was erforscht werden soll und was nicht. Dabei handele es sich um einen Bruch mit einer jahrzehntelangen Tradition.
Was bedeutet das für den Rest der Welt und für die Schweiz? Einerseits seien ähnliche Entwicklungen auch in Europa möglich, so Hirschi. «Wir haben etwas Ähnliches erlebt, als der Basler Landrat der Universität Basel die Gelder kürzen wollte, weil es dort auch propalästinensische Umtriebe gegeben hat. Das wurde aber rasch korrigiert.» Andererseits, betont der Historiker, seien die Probleme der US-amerikanischen Universitäten auch eine Chance für den europäischen Forschungsplatz. Wenn man es schaffe, hier eine grössere Freiheit zu bewahren und nötige Finanzmittel aufzutreiben, könne man hervorragende Leute aus den USA abwerben und nach Europa bringen. «Das wäre zumindest für den europäischen Kontinent dann ein Gewinn.»