Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Burger-Laden. Doch das Geschäft läuft schlecht. Der benachbarte Burger-Laden nimmt Ihnen die ganze Kundschaft weg. Warum also nicht eine kleine Verleumdungskampagne starten, um den Konkurrenten zu diskreditieren?
Das ist eines der digitalen Spiele, die man in der partizipativen Ausstellung «Auf der Suche nach der Wahrheit – Wir und der Journalismus» spielen kann, wie Co-Kurator Thomas Gull erklärt: «Man startet eine eigene Diffamierungskampagne, und je besser man das macht, desto mehr Punkte bekommt man. Auf diese Art und Weise erfährt man, wie Fake News verbreitet werden – und was die Mechanismen dahinter sind.»
Nachrichten, die bewegen
In einem anderen Raum der Ausstellung sind grosse Mediengeschichten der letzten 60 Jahre dargestellt, etwa die Kopp-Affäre beziehungsweise der Fichenskandal, die Abstimmungen zum Frauenstimmrecht oder auch die Corona-Pandemie vor fünf Jahren. Hier geht es darum, die Rolle der Medien bei solchen Ereignissen besser zu verstehen.
«Aus verschiedenen politischen Positionen, aus verschiedenen Überzeugungen werden verschiedene Geschichten erzählt.» Gerade bei Corona sei das sehr ausgeprägt gewesen. Und da haben die traditionellen Medien eine wichtige Rolle gespielt, «weil sie in der Regel versucht haben, faktenorientiert zu berichten», so Gull weiter.
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Bild 1 von 4. Schweizer Mediengeschichte: Geldwäsche und Indeskretion brachten 1989 Ex-Bundesrätin Elisabeth Kopp (Bildmitte) zu Fall. Die Untersuchungen im Fall lösten ... Bildquelle: Andre Jaberg/StAAG/RBA3-2-BL40883-2_5.
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Bild 2 von 4. ... den sogenannten Fichenskandal aus: Eine Parlamentarische Untersuchungskommission entdeckt, dass die Schweiz über 900’000 Dossiers über Schweizer Bürgerinnen und Bürger angelegt hatte. (1989). Bildquelle: Keystone/Str.
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Bild 3 von 4. Unlängst in den Medien: Die Massnahmen zur Corona-Eindämmung bringen das öffentliche Leben, wie hier in Bern, zum Erliegen. Verschiedenste Medien ringen um die Deutungshoheit zur Pandemie. (2020). Bildquelle: KEYSTONE/Peter Klaunzer.
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Bild 4 von 4. St. Petersburg: Mit dem Ukrainekrieg tauchte eine Flut von Fakten, Fakes und neuen Symbolen auf. Der unscheinbare Buchstabe Z gilt als Symbol für die Unterstützung Putins und des Einmarsches in die Ukraine. (2022) . Bildquelle: Keystone/AP Photo/Dmitri Lovetsky.
Doch auch die traditionellen Medien schiessen manchmal übers Ziel hinaus, etwa mit reisserischen Titeln und überproportionaler Berichterstattung, sagt Thomas Gull.
Medienschaffende berichten aus dem Alltag
«Wie heute in den sozialen Medien wollen auch die traditionellen Medien Aufmerksamkeit erzeugen. Man will die Zeitung verkaufen, man will, dass die Leute über einen sprechen. Da sind manchmal vielleicht auch nicht ganz korrekte Mittel Recht, um diese Aufmerksamkeit zu gewinnen», erklärt Historiker Gull, der selber lange Zeit als Journalist gearbeitet hat.
Wir brauchen informierte Bürgerinnen und Bürger, um gemeinsame Entscheidungen zu fällen.
«Wir wollten zeigen, wie Journalismus funktioniert. Wie Journalistinnen und Journalisten arbeiten und wie wichtig das ist für unsere Gesellschaft, für unsere öffentliche Diskussion und schlussendlich auch für die Demokratie. Wir brauchen informierte Bürgerinnen und Bürger, um gemeinsame Entscheidungen zu fällen.»
Diesen Blick hinter die Kulissen bietet die Ausstellung auch: An zwei Videostationen erzählen über 30 Journalistinnen und Journalisten aus der Schweiz aus ihrem Arbeitsalltag. Sie sprechen über ihre Motivation und einzelne Recherchen. Und sie machen sich Gedanken über die Zukunft des Journalismus.
Herzstück der Ausstellung ist schliesslich eine Art Retro-Newsroom. Eingerichtet ist dieser wie eine Redaktionsstube aus den 1980er-Jahren, inklusive historischem Macintosh-Computer. Im Newsroom geht es darum, eine journalistische Geschichte zu recherchieren. Im Raum sind Hinweise verteilt, die es auszuwerten gilt, um daraus einen Artikel zu publizieren, der nach journalistischen Kriterien bewertet wird.
«Vor allem bei jüngeren Generationen sind solche Mitmachstationen sehr beliebt», sagt Thomas Gull. Bereits über 450 Schulklassen haben die Wanderausstellung in St. Gallen, Bern, Lausanne oder Winterthur besucht. Ein wichtiger Beitrag also zur Stärkung der Medienkompetenz in der Schweizer Gesellschaft.