Warum glaubt wer wem, und wer überzeugt wen und wie – diese Fragen haben Sander van der Linden schon als Student umgetrieben. Etwas später als junger Forscher an der Universität von Cambridge begann der Psychologe sich noch etwas Anderes zu fragen, erzählt er: «Ich wollte wissen: Was schützt Menschen eigentlich davor, von anderen manipuliert zu werden?»
Er nahm sich als Beispiel die Klimaforschung vor. Interessengruppen streuten zu der Zeit – vor etwa zehn Jahren – Informationen, die es so aussehen liessen, als wären tausende Wissenschaftler der Meinung, der Klimawandel sei wissenschaftlich weder gut verstanden noch bewiesen. Das war nachweislich gelogen, entfaltete aber trotzdem breite Wirkung in der Öffentlichkeit.
Van der Linden dachte sich nun ein Experiment aus: Probanden wurden zunächst explizit davor gewarnt, dass gleich jemand versuchen würde, sie zu manipulieren. Dann legte er ihnen eine Falschmeldung zum Klimawandel vor, die aber – und das war der Trick – etwas weniger überzeugend daherkam als reale Fakenews, also etwas schwächer war.
Das Prinzip einer Impfung
Er kopierte damit das Prinzip einer Impfung gegen Viren, bei der abgeschwächte oder bruchstückhafte Versionen des Virus benutzt werden, damit der Körper eine Immunität gegen das echte Virus ausbildet. Es funktionierte: Wenn die Probanden dieses Experiment durchlaufen hatten, konnten sie Fake News nachher besser erkennen. «Sie haben quasi kognitive Antikörper gebildet, und waren messbar geschützt», sagt van der Linden. Damit war klar: Gegen Fake News zu immunisieren, funktionierte gut im Experiment. Nur liess sich das auch ins reale Leben übertragen?
Mit der Frage beschäftigen sich Sander van der Linden und seine Kollegen seitdem. Sie haben kurze Videosequenzen entworfen, mit Comics, die aufzeigen, wie Fake News funktionieren, und diese Videos haben sie öffentlich zugänglich gemacht, auf Youtube in den obligatorischen Werbepausen.
Und sie haben Videospiele entwickelt. Eins stellt die Erfahrung nach, wie es ist, online manipuliert zu werden. Eine anderes das genaue Gegenteil: Hier darf der Spieler nach allen Regeln der Kunst eine eigene, perfekte Fake News erstellen. Eine Fake News, die polarisiert, Online-Trolle ihre Sprüche klopfen lässt, Angst verbreitet und Verschwörungen konstruiert.
Falschmeldungen funktionieren nach sehr alten Mustern
Beide Spiele wirken. Sie befähigen die Spieler später Fake News besser zu erkennen. Das konnte van der Linden nachweisen.
Was eine Fake News ausmacht, ist im Grunde nichts wirklich Neues, sondern ziemlich alt.
So sehr soziale Medien unsere Welt heute prägen, sagt van der Linden: «Was eine Fake News ausmacht, ist im Grunde nichts wirklich Neues, sondern ziemlich alt.» Weil die Prinzipien hinter Fake News nicht nur alt, sondern auch simpel sind, hofft van der Linden, dass seine Methoden wirklich helfen können, Fake News wirksam zu bekämpfen.