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Kriegstrauma überwinden Claude AnShin Thomas fand von den Drogen zum Buddhismus

Er kämpfte gegen die Erinnerungen an den Vietnamkrieg – bis er bei einem buddhistischen Mönch eine Offenbarung erlebte. Mit der Meditation hat der US-Amerikaner Claude AnShin heute einen Weg gefunden, im Frieden mit dem inneren Unfrieden zu leben.

Der Krieg trat schon früh in Claude Thomas’ Leben. Sein Vater hatte im Zweiten Weltkrieg gedient. Und Claude Thomas trat in dessen Fussstapfen: Freiwillig ging er in die Armee. Er kämpfte in Vietnam und wurde schwer verwundet. Als er wieder zu Hause war, hatte er nur einen Wunsch: dass es vorüber war.

Ich wäre am liebsten davongelaufen, aber ich stand es durch.
Autor: Claude AnShin Thomas Veteran des Vietnamkriegs und Soto-Zen-Priester

Doch Vergessen ging nicht. Die Erinnerungen quälten ihn. Es schien nur ein Gegenmittel zu geben: Drogen. «Schon mein Vater trank, um nicht mit seinen Erinnerungen konfrontiert zu werden. Ich nahm so lange so viele Substanzen, bis mein Körper am Ende war», sagt Claude Thomas. Weder Psychotherapie noch die Beratung bei der Sozialarbeiterin brachten ihn weiter.

Hinschauen statt verdrängen

Die Sozialarbeiterin schlug ihm vor, gemeinsam mit anderen ehemaligen Soldaten an einem fünftägigen Retreat mit einem buddhistischen Mönch teilzunehmen. «Ich wäre am liebsten davongelaufen, aber ich stand es durch. Der Rest ist Geschichte – hier bin ich», lacht der Zen-Mönch.

Ich habe gelernt, im Frieden mit meinem inneren Unfrieden zu leben.
Autor: Claude AnShin Thomas Veteran des Vietnamkriegs und Soto-Zen-Priester

Nach dem Retreat wusste Claude Thomas, dass es Zeit war hinzuschauen. Er stellte sich der Realität und machte einen Drogenentzug. In der Meditation übte er, sich voll und ganz auf seinen Atem zu konzentrieren.

Bild eines Mannes mit Glatze von hinten, der vor seiner Haustüre mit Blick auf bunte Laubbäume meditiert.
Legende: Konzentriert ein- und ausatmen: Die buddhistische Meditation war für Claude Thomas der Schlüssel, um sein Kriegstrauma zu bewältigen (Symbolbild). Getty Images / Maciej Toporowicz NYC

«In der Stille tritt all das zutage, was wir mit unseren Aktivitäten zu überdecken suchen», sagt der Zen-Mönch. «All unsere Ängste, unsere Schuldgefühle – alles, was uns durcheinander bringt. Wenn wir immer weiter sitzen und konzentriert ein- und ausatmen, können wir lernen, dass die schweren Gedanken die Macht über uns verlieren, dass wir sie nicht mehr verdrängen müssen. Ich habe gelernt, im Frieden mit meinem inneren Unfrieden zu leben.»

Ein neuer Name

Als Claude Thomas zum buddhistischen Mönch ordiniert wurde, erhielt er einen neuen Vornamen: AnShin – «der mit dem friedvollen Herzen». «Frieden ist nichts Fixes. Ich will nicht eine fixe Vorstellung davon haben», führt er aus. «Ich lade die Menschen ein, in der Meditation auf die Suche nach ihrem Frieden zu gehen.»

Nur wer bereit ist hinzuschauen, kann lernen, nicht ständig in die alten, gelernten Muster zu fallen.
Autor: Claude AnShin Thomas Veteran des Vietnamkriegs und Soto-Zen-Priester

Claude AnShin Thomas meint, jeder Mensch trage seinen eigenen Krieg in sich, seine Aggression, Wut und Unzufriedenheit. «Nur wer bereit ist hinzuschauen, kann lernen, nicht ständig in die alten, gelernten Muster zu fallen. Meditation ist ein Weg, Zugang zu neuen Varianten des Handelns zu erhalten. Sie bringt Stille und Sanftmut ins Leben.»

Gewaltfreier Umgang mit Konflikten

Für Claude AnShin Thomas bedeutet Frieden nicht, dass es keine Konflikte mehr gibt, sondern dass Konflikte nicht in Gewalt ausarten. Nach Thomas entstehen Kriege, weil jeder Mensch mit einem gewissen Weltbild und einer Weltsicht aufwächst, die er vermittelt bekommt. «Wir wollen, dass die Welt unserer Vorstellung entspricht. Tut sie es nicht, fühlen wir uns bedroht und glauben, uns wehren zu müssen.»

Meditation ist für Claude AnShin Thomas der geeignete Weg, so offen und freizuwerden, dass andere Weltsichten nicht verunsichern und nicht bedrohen. Aus dieser Sicherheit heraus entstünden dann Lösungen. Dafür setzt sich Claude AnShin Thomas unermüdlich ein.

Radio SRF 2 Kultur, Perspektiven, 03.12.2023, 8:30 Uhr

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