Die Zürcher Hochschule der Künste hat beschlossen, die Zusammenarbeit mit der chinesischen Designhochschule Shenzhen einzustellen. Die Partnerschaft war ein Projekt des ehemaligen Direktors der ZHdK und bereits bei Abschluss umstritten. Das Ziel war, die Shenzhen International School of Design in China didaktisch mitzugestalten. Was sind die Gründe für den Rückzug und wie reagieren die chinesischen Partner?
SRF: Die Rektorin der ZHdK, Karin Mairitsch, nennt zwei Gründe für das Ende der Zusammenarbeit: studienrechtliche Hürden, aber auch operative Risiken. Können Sie das für uns übersetzen?
Ralph Weber: Sie meint wahrscheinlich, dass eine solche Kooperation nicht einfach zu unterhalten ist – über diese verschiedenen Systeme hinweg, aber auch über die Grössenverhältnisse hinweg. In China gibt es viel mehr Studierende. Hinzu kommen administrative Herausforderungen, die für eine Hochschule wie die ZHdK nicht einfach zu bewältigen sind. Das wären die studienrechtlichen Gründe, die angegeben wurden.
Natürlich spielen politische Bedenken auch eine Rolle.
«Operative Risiken» kann vieles bedeuten. Ich würde aber meinen, das heisst in diesem Zusammenhang vor allem: Wohin will sich diese Schule entwickeln und welche Grösse will sie annehmen? Natürlich spielen politische Bedenken auch eine Rolle, das hat die Rektorin klargemacht. Aber sie hat unterstrichen, dass das eine untergeordnete Rolle gespielt haben soll.
Seit Anfang 2023 prüft die ZHdK, ob sie diese Zusammenarbeit weiterverfolgen wollen. Es stand die Kritik im Raum, dass die Designhochschule in Shenzhen mit einer militärnahen Uni verknüpft sei. Hatten also die Kritiker und Kritikerinnen recht?
Diese Kritik kam schon im Jahr 2021 auf, und dazu gab es bereits öffentliche Diskussionen. Der Shenzhen Campus gehört zum Harbin Institute of Technology. Das ist eine sehr militärnahe Universität in China, eine der sogenannten «sieben Söhne der nationalen Verteidigung».
Mit dem Ausstieg des Schweizer Partners ist auch ein Prestigeverlust verbunden.
Der damalige Rektor hat damals direkt eine Ethikkommission eingerichtet. Ich war Teil dieser Kommission, die sich ständig über Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten hat. Wir haben mögliche Szenarien von Problematiken durchgespielt und uns so auf Schwierigkeiten vorbereitet. Die Kooperation ist lange nicht ins Rollen gekommen, dann kam Corona. Die Zusammenarbeit hätte erst jetzt oder in nächster Zeit richtig Fahrt aufgenommen. Somit ist es auch verständlich, warum sich diese administrativen Hürden aktuell nochmals in aller Deutlichkeit gezeigt haben.
Mit welchen Konsequenzen muss die ZHdK für ihren Entscheid rechnen?
Das ist schwer abzuschätzen. Dafür müsste man die Verträge genauer kennen. Es kann sein, dass da finanzielle Vereinbarungen bestehen, wer welche Kosten zu tragen hat. Es ist von einer möglichen Klage die Rede. Das ist dann Arbeit für Juristinnen und Juristen.
Was wissen Sie über Reaktionen der chinesischen Partner?
Man sagt, sie seien verärgert, was nachvollziehbar ist. Natürlich hat die chinesische Seite eigene Ziele mit dieser Kooperation verbunden und vermutlich auch finanziell bereits einiges in den Campus investiert. Mit dem Ausstieg des Schweizer Partners ist auch ein Prestigeverlust verbunden. Das wird die chinesische Seite nicht grundsätzlich aus der Bahn werfen. Aber einer solchen Verärgerung muss man auch Platz einräumen.
Das Gespräch führte Enora Maurer.