Die Aargauer Grünen wollen wieder in den Regierungsrat. Die 56-jährige Zofinger Stadträtin Christiane Guyer wurde in einer Online-Mitgliederversammlung einstimmig nominiert.
Die Grünen hatten erst einmal einen Sitz im Aargauer Regierungsrat. Nach dem Rücktritt von Susanne Hochuli haben sie diesen vor vier Jahren an die SVP verloren. Kann ihn Christiane Guyer zurückholen?
SRF: Ihr Parteipräsident lobt, dass Sie über Erfahrungen verfügen, welche die amtierenden Regierungsräte nicht haben. Welche sind das, Christiane Guyer?
Christiane Guyer: Als Mutter von fünf Kindern, die stets berufstätig und politisch aktiv gewesen ist, habe ich mir einen Rucksack angeeignet mit Führungserfahrung. Als Naturwissenschaftlerin habe ich auch eine gewisse Analysefähigkeit. Zudem: Eingehen auf Leute, Respekt vor den Leuten... das bringe ich mit.
Sind es auch Erfahrungen als Frau in der Politik, welche Sie einbringen könnten in eine Regierung, die bislang nur aus Männern besteht?
Ja, ich bin eine Frau und politisiere als Frau. Ein Beispiel aus meiner beruflichen Erfahrung: Ich habe vor 20 Jahren angefangen beim Amt für Natur- und Landschaftsschutz im Kanton Luzern und bekam die Aufgabe, Naturschutz-Verträge mit Bauern auszuhandeln. Nach meiner Wahl sagten die Entlebucher Bauern: Kann denn eine Frau sowas? Es zeigte sich dann, dass es ganz gut möglich ist, wenn man auf die Leute eingeht und ihnen zuhört.
Können Sie als Frau besser zuhören und auf Leute eingehen?
Ich möchte nicht nur aufs Thema Frau fokussieren. Aber als Mutter bringe ich durchaus eine andere Erfahrung mit. Und es ist auch eine Tatsache, dass gemischte Teams besser funktionieren, gemischte Teams betreffen Jung und Alt, verschiedene Parteien und Geschlechter.
Es ist eine Tatsache, dass gemischte Teams besser funktionieren.
An der Nominationsversammlung war zu hören, Sie würden dann auch den West-Aargau vertreten in der Regierung. Tatsächlich sind alle Regierungsräte oder Kandidaten aus dem östlichen Teil des Kantons, aus dem Fricktal, der Region Baden-Brugg, dem Freiamt. Aber ist das überhaupt wichtig, ticken Sie als Zofingerin anders?
Man sagt ja immer, der Aargau sei der Kanton der Regionen. Daher ist es ganz wichtig, dass der West-Aargau auch vertreten ist in der Regierung. Und ich denke schon, dass wir in einigen Dingen anders ticken. Wir sind vielleicht manchmal ein bisschen gemütlicher als die Ost-Aargauer. Man hat eine andere Verbundenheit zur Region, aus der man kommt, man spürt die Bevölkerung besser, wo man wohnt, und das möchte ich einbringen in der Regierung.
In der Regierung wird der SP-Sitz frei. Die Strategie der Grünen ist, nicht die SP anzugreifen, sondern einen zweiten Sitz für das links-grüne Lager zu holen. Viele Polit-Beobachter gehen allerdings nicht davon aus, dass es gelingt, bisherige Regierungsräte zu verdrängen. Es könnte also doch auf einen Zweikampf zwischen Ihnen und dem SP-Kandidaten herauslaufen. Ist Dieter Egli Partner oder Gegner?
Zur Zeit gibt es fünf Kandidaten und eine Kandidatin. Zu wählen sind fünf Personen. Ich beanspruche nur eine Zeile auf dem Wahlzettel. Wenn Dieter Egli auf der zweiten Zeile aufgeschrieben wird, dann freue ich mich natürlich. Aber das entscheidet die Aargauer Bevölkerung. Es würde mich einfach freuen, wenn ich auf allen Wahlzetteln auf einer Zeile stehen würde.
Welches politische Geschäft würden Sie als Regierungsrätin mit Herzblut und vollster Energie vertreten?
Im Moment ist es das Erreichen der Klimaziele, dass wir den Klimawandel stoppen können. Aber auch das Thema, das mich seit meinem Studium begleitet hat: Natur, Biodiversität, Vielfalt. Und wegen der schwierigen Corona-Krise wird die nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft ein wichtiges Thema sein, bei dem ich gerne mitarbeiten würde.