- In der ersten SRG-Umfrage unterstützen 73 Prozent der Stimmberechtigten die Initiative für ein Tabakwerbeverbot, 25 Prozent sind dagegen.
- Insbesondere Frauen ziehen den Kindesschutz eindeutig dem Argument der Wirtschaftsfreiheit und der Angst vor finanziellen Einbussen vor.
- Auch wenn die Mehrheitsverhältnisse derzeit klar sind: Entschieden ist noch nichts – das Zünglein an der Waage könnte das Ständemehr spielen.
Fünf Jahre rang das Parlament um strengere Auflagen für die Tabakwerbung, zwischenzeitlich löste sich das Vorhaben auf Druck der Tabaklobby in Rauch auf. In der Herbstsession einigten sich National- und Ständerat schliesslich auf einen Kompromiss. Dieser geht nun als indirekter Gegenvorschlag gegen die Initiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» ins Rennen, über die am 13. Februar abgestimmt wird.
Bei einer Annahme des Volksbegehrens würde Werbung für Tabakprodukte überall dort verboten, wo sie Kinder und Jugendliche erreichen kann. Bundesrat und Parlament möchten Tabakwerbung jedoch in Zeitungen und Zeitschriften, im Internet sowie an Kiosken weiterhin erlauben – und ebenso an nationalen Veranstaltungen, sofern sich diese nicht explizit an Jugendliche richten.
In der ersten SRG-Umfrage, die das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hat, zeigt sich ein klares Bild: Fast drei Viertel der Befragten unterstützen die rigideren Auflagen der Volksinitiative.
Mentalitätswandel in der Bevölkerung
Die Ausgangslage erinnert die Politologin Martina Mousson an die erste Umfrage zur Pflegeinitiative, die Ende November klar angenommen wurde. «Breite Zustimmung, keine ablehnende Untergruppe, ein geschlossenes Ja. Erfahrungsgemäss gewinnt bei Initiativen aber erst im Abstimmungskampf die Problemsicht Gewicht und das Nein baut sich auf.»
Diese Problemsicht nehmen die Gegner der Initiative ein, wenn sie vor einem Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit warnen und darauf hinweisen, dass der Gegenvorschlag auch die Interessen der Wirtschaft berücksichtigt. Beide Argumente sind knapp mehrheitsfähig.
Ganz andere Zustimmungswerte erreichen die Initianten. Über 90 Prozent der Befragten finden, dass Kinder und Jugendliche geschützt werden müssen. 79 Prozent sind der Meinung: Es ist nur konsequent, dass auch Werbung für Kinder verboten werden soll, wenn der Verkauf verboten ist.
«Heute ist das Rauchen fast schon verpönt, insbesondere wenn es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen geht», schliesst Mousson. Eben dieser Schutz liegt den Frauen offenbar besonders am Herzen: Satte 83 Prozent von ihnen unterstützen die Initiative. Laut Lukas Golder von gfs.bern hat dies auch mit einer gewissen demokratiepolitischen Emanzipation der Frauen zu tun.
In Zeiten von Frauenstreik, «#MeToo» und «Helvetia ruft!» würden die Frauen nun auch an der Urne immer selbstbewusster auftreten. «Gerade wenn es um Schutzbedürfnisse geht, werden die Unterschiede deutlich erkennbar», sagt Golder.
Mit Blick auf die Parteienlandschaft ist die Basis von SVP und FDP am ehesten empfänglich für die Argumente der Gegnerschaft. Ansonsten gilt: Je weiter links, umso höher sind die Zustimmungswerte für die Initiative.
Die Initiative hat also sehr gute Chancen, angenommen zu werden. Ganz auf verlorenem Posten sind die Gegner aber nicht. Für Mousson stellen sich nämlich zwei grosse Fragen: «Wie viel Prominenz erhält der Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament im Abstimmungskampf – und reicht es auch für das Ständemehr?»