- Wäre die Abstimmung am 22. Mai 2021 gewesen, hätten 54 Prozent das CO2-Gesetz angenommen.
- So lautet das Ergebnis der zweiten SRG-Umfrage zu den Abstimmungen am 13. Juni, die das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hat.
- Die Ja-Seite ist im Verlauf der Kampagne allerdings unter Druck geraten, aktuell ist ein Nein-Trend zu beobachten.
Der ursprünglich relativ breite gesellschaftliche Konsens in der Frage des CO2-Gesetzes wurde aufgebrochen. Der Gegnerschaft gelang es offensichtlich und trotz eines allgemeinen Meinungsklimas zugunsten von Umweltanliegen, Zweifel an der Vorlage zu streuen, wie gfs.bern schreibt.
54 Prozent würden das Gesetz gemäss der zweiten SRG-Umfrage annehmen, das sind 6 Prozentpunkte weniger als bei der ersten Umfrage. Das Nein-Lager kommt auf einen Zuwachs von 8 Prozentpunkte.
Normalerweise steigt der Ja-Anteil bei einer Behördenvorlage. Weshalb nicht beim CO2-Gesetz? «Es gibt namhafte Opposition gegen das Gesetz. Die SVP hat sich hier sehr klar positioniert», erklärt Politikwissenschaftlerin Martina Mousson von gfs.bern.
Im Parlament sei es ein langer Weg gewesen bis zu diesem Gesetz. «Offensichtlich ist sich die Stimmbevölkerung nicht sicher, was sie abstimmen soll. Die Frage ist schwierig: Man möchte Klimaschutz, die Frage ist aber, zu welchem Preis.»
Während die Zustimmung im linken parteipolitischen Spektrum, bis hin zur GLP, hoch bleibt, ist der Nein-Anteil im Umfeld der SVP (64 auf 85 Prozent) sowie von Personen ohne Parteizugehörigkeit (34 auf 55 Prozent) deutlich angestiegen. Am deutlichsten fällt die Zustimmung bei der Grünen-Wahlgruppe aus, 94 Prozent unterstützen die Vorlage.
Ein deutlicher Anstieg ist bei der ländlichen Stimmbevölkerung zu beobachten. Neben der SVP-Gefolgschaft und den Regierungsmisstrauischen lehnen nun auch Menschen aus ländlichen Gebieten das CO2-Gesetz mehrheitlich ab. Betrug der Nein-Anteil bei der Umfrage vom 23. April noch 38 Prozent, sind es nun 53 Prozent.
Die Stimmabsichten bleiben massgeblich von Erwägungen zu Schaden- und Nutzen bestimmt. Ging es vor einem Monat noch eher um Grundsatzfragen (Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze und befürchtete Kosten ohne zu handeln vs. Wirkungsloser Schweizer Alleingang), konkretisiert sich das Meinungsbild nun rund ums Portemonnaie, so gfs.bern.
Das Argument, dass Mehrkosten nur für Klimasünder entstünden, ist das wirksamste Pro-Argument. Die Verteuerung von Heizen und Autofahren sowie die Schwächung des Mittelstands sind die stärksten Contra-Argumente.
Das Mittelstand-Argument sei in der Vorlage zentral, sagt auch Mousson. «Im Rahmen der Kampagne wird mit dem Mittelstand argumentiert. Dieser müsse bei einer Annahme die Hauptlast der Kosten tragen. Wenn man bedenkt, dass sich in der Schweiz sehr viele Menschen dem Mittelstand zugehörig fühlen, etwa 90 Prozent – de facto sind es natürlich weniger – ist dieses Argument äusserst schlagkräftig.» Das Mittelstand-Argument findet selbst im linken Lager beachtliche Zustimmung (Grüne: 25 %, SP: 30 %, GLP: 31 %).
Die Befürworterinnen und Befürworter der Vorlage haben gemäss gfs.bern trotz aktuellem Nein-Trend aber Vorteile, wenn man neben dem Mehrheitsverhältnis die argumentativen Haltungen oder den Parolenspiegel berücksichtigt. Grundsätzlich seien für den weiteren Meinungsverlauf zur Vorlage zwei Szenarien denkbar: Der Nein-Trend setzt sich ungebremst fort oder er hat seinen Zenit bereits erreicht.