Grenzübergang Kreuzlingen-Konstanz: Maic Camenisch kontrolliert stichprobenartig Autofahrerinnen und Autofahrer. Seit 15 Jahren arbeitet der gebürtige Bündner beim Schweizer Zoll, das was er jetzt hier in Kreuzlingen macht, ist für ihn Alltag, Routine. Denn die Schweiz ist zwar Schengen-Mitglied und macht deshalb mit beim grenzenlosen Personenverkehr. Sie ist aber nicht in der EU und demzufolge auch nicht in der Zollunion.
Deshalb gibt es nach wie vor Kontrollen an Grenzübergängen – diese erfolgen aber nur stichprobenartig. Ganz anders ist das an den EU-Aussengrenzen. Dort werden Personen systematisch kontrolliert. Camenisch kennt beides. Denn seit rund sieben Jahren arbeitet er auch als Frontex-Mitarbeiter.
Camenisch hat es vor allem gereizt, mit ausländischen Behörden zusammenzuarbeiten. «Und zu sehen, welche Probleme man an den EU-Aussengrenzen bewältigen muss.» Camenisch war bereits in Italien, Griechenland, Kroatien und in Rumänien im Einsatz. Er hat dabei unter anderem die «Grüne Grenze» überwacht und auch als Experte Dokumente auf ihre Echtheit überprüft.
Dazu hat Camenisch eine Zusatzausbildung gemacht. Und auch für das Befragen von Flüchtlingen ist er zusätzlich geschult worden. Solche Erlebnisse sind es denn auch, die bei Camenisch Eindruck hinterlassen.
Ein Flüchtling zeigte mir seinen Fuss mit einem abgeschnittenen Zehen. Das sind harte Schicksale.
Der sonst gut gelaunte Bündner erzählt ein Beispiel und wird dabei nachdenklich. Er beschreibt das Schicksal eines Flüchtlings, der entführt wurde und Zwangsarbeit verrichten musste. Die Schlepper erpressten die Familie in dessen Heimat, um mehr Geld zu bekommen. «Sie schnitten ihm einen Zehen ab, um der Forderung Nachdruck zu verleihen. Er zeigte mir dann seinen Fuss mit dem fehlenden Zehen. Das sind harte Schicksale.»
Camenisch kann aber nicht entscheiden, ob dieser Flüchtling bleiben darf oder nicht. Das sei nicht die Aufgabe eines Frontex-Mitarbeiters, sondern der dortigen nationalen Behörden. Camenisch versteht denn seine Aufgabe auch als Unterstützung der lokalen Behörden.
Ich selbst habe noch nie einen Pushback erlebt und kann dazu nichts sagen.
Das tönt alles vorbildlich und professionell. Dennoch gibt es immer wieder Negativschlagzeilen, wonach Frontex-Mitarbeitende an «Pushbacks» beteiligt sein sollen – also, dass sie Geflüchtete nach dem Grenzübertritt wieder illegal zurückschicken sollen. Was sagt Camenisch dazu? «Die Kritik an Frontex richtet sich nicht gegen mich persönlich, sondern an Frontex und die konkrete Situation. Ich selbst habe noch nie einen Pushback erlebt und kann dazu nichts sagen.»
Dass es immer wieder zu Problemen an den EU-Aussengrenzen kommt, ist allerdings auch Brüssel nicht entgangen. Deshalb soll die Einhaltung der Grundrechte an den Grenzen besser überwacht werden, mit «Frontex-Grundrechtbeobachtern». Diese sollen bei Missbrauch reagieren.
Wenn ich feststellen würde, dass etwas passiert, das nicht rechtens ist, ist es meine Pflicht als Schweizer Grenzwächter, zu intervenieren und das zu unterbinden.
Das gilt übrigens für alle Frontex-Mitarbeitenden. Camenisch sagt dazu: «Wenn ich feststellen würde, dass etwas passiert, das nicht rechtens ist, ist es meine Pflicht als Schweizer Grenzwächter, zu intervenieren und das zu unterbinden. Gleichzeitig informiere ich das Schweizer Bundesamt für Zoll- und Grenzsicherung und Frontex.»
Bisher sind keine solchen Vorfälle beim Schweizer Zoll rapportiert worden. Camenisch hat bei seinen Einsätzen also weder Illegales festgestellt noch jemals eine lebensbedrohliche Situation erlebt.
Die Arbeit sei sehr interessant, aber auch streng. Deshalb sagt Camenisch mit einem Lachen: «Ich komme sehr gern heim.» Und so wirkt Camenisch am Grenzübergang Kreuzlingen-Konstanz beim «Daily Business», wie er es nennt, fast schon entspannt.