Das Aargauer Stimmvolk hat alle kantonalen Vorlagen «versenkt». Ein Bahnprojekt im Fricktal und eine neue Ombudsstelle werden knapp abgelehnt, die Klima-Initiative deutlich. Das Stimmvolk habe Kosten und Nutzen kritisch abgewogen, heisst es in ersten Reaktionen.
«Wir müssen nun kein Geld ausgeben für eine Stelle, die es gar nicht braucht», freut sich SVP-Grossrat Christian Keller. Er kämpfte gegen die Einführung einer Ombudsstelle im Aargau, welche rund 700'000 bis 900'000 Franken pro Jahr gekostet hätte. SVP und FDP haben den Abstimmungskampf extrem knapp gewonnen. Das Stimmvolk sagte mit 50.1 Prozent nein zum Ombudsgesetz.
Vor allem in ländlichen Gemeinden wurde die Vorlage abgelehnt. Hier stehe das direkte Gespräch zwischen Bürgerinnen und Behörden noch im Zentrum, meint Keller.
Die Ombudsstelle wurde von einer breiten Allianz von Parteien befürwortet. Die Pluspunkte seien aber schwer zu vermitteln gewesen, meint GLP-Grossrat Lukas Huber. «Man hörte immer wieder: Bis jetzt geht es auch ohne eine solche Stelle. Dagegen anzukommen ist schwierig.»
Es ging nicht nur ums Geld – aber auch
Enttäuschung herrscht auch bei Colette Basler (SP). Sie hatte zusammen mit Politikerinnen und Politikern aus dem Fricktal für eine Taktverdichtung auf der Bahnlinie Stein-Laufenburg gekämpft. Das Aargauer Stimmvolk hat Investitionen von gut 60 Millionen Franken aber abgelehnt.
«Das knappe Resultat ist immerhin ein starkes Zeichen für den öffentlichen Verkehr», findet die Verliererin. Fehlende Betroffenheit in den anderen Kantonsteilen und die Kosten hätten wohl zum Nein geführt, meint Basler.
Stefan Huwyler vom Gegenkomitee widerspricht: «Diese Bahn hätte nichts gebracht. Das ist störend, unabhängig von den Kosten.» Die Aargauer Bevölkerung habe «Augenmass bewiesen», schreibt auch Huwylers Partei – die FDP – in einer Stellungnahme. Das Stimmvolk habe Kosten und Nutzen abgewogen und sich deshalb dagegen entschieden.
Differenziertes Resultat beim Klimaschutz
Im Aargau wurde am Sonntag auch über zwei Klima-Vorlagen entschieden. Das nationale Klimaschutz-Gesetz kommt mit gut 52 Prozent durch. Die kantonale Klimaschutz-Initiative der Grünen wird allerdings mit fast 68 Prozent verworfen.
«Wir haben gehofft, dass wir im Windschatten der nationalen Abstimmung etwas mehr Stimmen holen», gibt Robert Obrist, Grossrat der Grünen zu. Das linksgrüne Komitee wollte das kantonale Energiegesetz verschärfen und den Kanton verpflichten, pro Jahr drei Prozent aller Gebäude energetisch sanieren zu lassen.
Diese Forderung ging vielen Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zu weit. Das Parlament hat die Mittel für das Gebäudeprogramm aber bereits um rund 50 Millionen Franken aufgestockt. «Wir haben damit einen guten Gegenvorschlag, der sich nach der Nachfrage richtet», sagt deshalb Ralf Bucher von der Mitte.
Resultate überraschen generell nicht
Das Aargauer Stimmvolk hat sich also gegen – zum Teil relativ teure – Neuerungen gestellt. Das passt zum eher konservativ und bürgerlich geprägten politischen Charakter des Kantons.
Man kann das Verhalten des Aargauer Stimmvolks aber auch als Pragmatismus interpretieren: Das nationale Klimagesetz kommt durch, die kantonale Initiative nicht. Die Resultate bei Ombudsstelle und Bahnausbau sind zudem ziemlich knapp. Ein Indiz, dass nicht einfach «aus Prinzip» Nein gesagt wurde, sondern differenziert entschieden.