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Fast 24 Franken sollen Arbeitnehmer in Zürich pro Stunde verdienen
Aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 31.05.2023. Bild: Keystone/Christian Beutler
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Abstimmungen Zürich/Winterthur Mindestlohn in Zürich und Winterthur: Segen oder Fluch?

In den beiden Städten kämpfen linke Parteien für ein Lohn-Minimum. Gegner warnen vor einem gefährlichen Experiment.

Am 18. Juni könnte es in der Schweiz zu einer Premiere kommen. Die Zürcherinnen und Winterthurer entscheiden über einen Mindestlohn in ihren Städten. Bei einem Ja wären die Gemeinden schweizweite Vorreiter. Bis jetzt gibt es einen Mindestlohn nur in Grenzkantonen – beispielsweise in Neuenburg, im Jura oder in Basel und Genf.

Die beiden Vorlagen in Zürich und Winterthur sind ähnlich. Wer in der Stadt Zürich arbeitet, soll mindestens 23.90 Franken pro Stunde verdienen. Arbeitnehmer mit einem Vollzeitpensum würden so rund 4000 Franken pro Monat erhalten. In Winterthur entscheidet das Stimmvolk über einen Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde.

Ein Mindestlohn zur Existenzsicherung

In Zürich und Winterthur stehen linke Parteien und Gewerkschaften hinter der Idee eines Mindestlohns. Sie wollen damit die Armut bekämpfen. Im Fokus stehen Menschen, die trotz eines 100-Prozent-Jobs kein existenzsicherndes Einkommen haben. Momentan verdienen rund 3600 Winterthurerinnen weniger als 4000 Franken monatlich, in Zürich sind es 17'000 Personen.

«Mit einem solchen Einkommen kommt man schwer über die Runden», sagt die Stadtzürcher Gemeinderätin Fanny de Weck (SP). «Jetzt entscheiden wir über einen Lohn, mit dem man die Existenz sichern kann.» Profitieren würden hauptsächlich Angestellte in Branchen wie dem Detailhandel, der Reinigung oder der Gastronomie. Die meisten von ihnen sind Frauen.

Eine Putzfrau
Legende: Tausende verdienen in Zürich laut Stadtrat weniger als 23 Franken pro Stunde. Meistens sind es Frauen, die beispielsweise im Verkauf, im Gartenbau oder in der Gastronomie arbeiten. Keystone/Gaetan Bally

Aus Sicht der bürgerlichen Gegner verfehlt der Mindestlohn jedoch sein Ziel. Sie stützen sich auf eine Schätzung der ETH Zürich: Nur sieben Prozent der von Armut betroffenen Personen würde ein Mindestlohn etwas nützen. Die meisten einkommensschwachen Personen würden nämlich nicht, oder nur wenig arbeiten.

Für wen gilt der Mindestlohn nicht?

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Ausgenommen vom Mindestlohn sind Lehrlinge, Praktikantinnen oder Verwandte in einem Familienbetrieb. In Zürich bekommen unter 25-Jährige ohne Berufsabschluss keinen Mindestlohn. In Winterthur hingegen, würden auch unter 25-Jährige ohne Berufsabschluss von einem Mindestlohn profitieren. In Winterthur ist ausserdem die Frage der Kontrolle noch völlig ungeklärt.

Die Stadtzürcher Gemeinderätin Mélissa Dufournet (FDP) bringt zudem die individuellen Lebensverhältnisse ins Spiel. «Der Stundenlohn allein lässt nicht darauf schliessen, in welcher finanziellen Situation sich jemand befindet.» Als Beispiel nennt sie einen Studenten, der noch bei seinen gut situierten Eltern lebt. Ein gesetzlich vorgeschriebener Mindestlohn sei deshalb der falsche Weg.

Gegner warnen vor «Mindestlohn-Insel»

Die Gegnerinnen taxieren den Mindestlohn ausserdem als gefährliches Experiment. Die Städte würden zu «Mindestlohn-Inseln», warnen sie. Arbeitgeber wälzten die höheren Lohnkosten auf die Konsumentinnen ab. Und Arbeitsplätze würden in die Agglomeration verlagert.

Die Befürworter hingegen sprechen von positiven Effekten für die Wirtschaft. Arbeitsplätze seien nicht gefährdet. Der Zürcher Stadtrat verweist auf die internationale Forschung rund um Mindestlöhne. Ein Grossteil der Studien sehe keine oder nur geringe Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze.

Ein Mindestlohn im Portemonnaie
Legende: Für einen Mindestlohn sind in Zürich linke Parteien und die EVP. In Winterthur hat die EVP Stimmfreigabe beschlossen, ebenso wie die Mitte. In Zürich bekämpfen FDP, GLP und SVP die Vorlage. Auch die Mitte wechselte ins Lager der Gegner. Keystone/CHRISTIAN BEUTLER

Kloten hat Mindestlohn verworfen

Dass Zürich und Winterthur gleichzeitig über den Mindestlohn abstimmen, ist kein Zufall. 2014 hat das Schweizer Stimmvolk einen nationalen Mindestlohn verworfen. Linke Parteien und Gewerkschaften kämpften in den Kantonen weiter für ihr Anliegen. Sie lancierten auch in Zürich, Winterthur und Kloten eine Mindestlohn-Initiative mit einem Ansatz von 23 Franken pro Stunde.

In Kloten ist dieses Anliegen 2021 an der Urne gescheitert. Nun entscheidet Winterthur über die Initiative «Für einen Lohn zum Leben». In Zürich kommt ein Gegenvorschlag mit einem etwas höheren Mindestlohn vors Volk.

Weitere Wahlvorlagen in Zürich und Winterthur

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  • Zürich entscheidet über ein neues Schulhaus in Schwamendingen für 231 Millionen Franken. 970 Schülerinnen sollen darin Platz haben. Als einzige Partei gegen den «übertriebenen» Bau ist die SVP.
  • Schafft die Stadt Zürich einen Wohnraumfonds mit 300 Millionen Franken? Damit möchte die Stadt beispielsweise Genossenschaften beim Land- und Häuserkauf unterstützen. FDP, SVP, EVP und die Mitte sind dagegen. Ein Argument: Nur eine kleine Minderheit profitiere.
  • Die Pestalozzi-Bibliothek soll neu jährlich 10,6 Millionen Franken erhalten. Bisher waren die Beträge befristet. Die Vorlage war im Gemeinderat unbestritten.
  • Winterthur wählt eine neue Stadträtin: Zur Wahl stehen zwei Kandidatinnen. Die FDP will den Sitz erobern, die Grünen möchten ihn verteidigen.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 26.05.2023, 17:30 Uhr ; 

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