Die SP begrüsst im Grunde eine minimale Besteuerung von internationalen Grosskonzernen – so zu hören in ihrem Podcast. Im Gespräch mit Co-Präsident Cédric Wermuth sagt Vizepräsident David Roth: «Es ist eine sehr gute Sache. Und die 15 Prozent werden ja auch kommen.»
Eine Mindeststeuer von 15 Prozent, ab nächsten Jahr – so wollen es 140 Staaten. Ein paar tausend solcher Unternehmen haben ihren Sitz in der Schweiz, denn diverse Kantone besteuern sie derzeit tiefer – Stichwort internationaler Steuerwettbewerb. Dieser Schritt führt zu zusätzlichen Steuereinnahmen, geschätzt werden sie auf eine bis zu 2.5 Milliarden Franken.
Es ist unglaublich, wie es die Schweiz fertig bringt, eine an sich gute Idee derart zu pervertieren, dass der Steuerwettbewerb auf anderem Niveau noch zusätzlich angeheizt wird.
Doch hier kommt das aber der SP-Spitze Wermuth/Roth. Entscheidend sei, wie das Geld in der Schweiz verteilt werde, sagt Roth. «Es ist unglaublich, wie es die Schweiz fertig bringt, eine gute Idee derart zu pervertieren, dass der Steuerwettbewerb auf anderem Niveau zusätzlich angeheizt wird. Darum gab es am Parteitag dieses deutliche Nein.»
Gespaltene Sozialdemokratie
So hat die SP ihr grundsätzliches Ja in ein Nein gedreht. Doch trotz Nein-Parole ist die SP nicht geschlossen: Abweichende Haltungen gibt es in der Bundeshausfraktion und unter den SP-Kantonalparteien: Für Stimmfreigabe sind etwa Basel-Stadt oder die Waadt, für ein Ja Solothurn oder Genf.
Ähnlich gespalten ist die Grüne Partei, die Stimmfreigabe beschlossen hat. Für ein Ja votieren etwa die Kantonalparteien beider Basel, Waadt und Genf. Nein sagen etwa Neuenburg und Thurgau. Die Linke stösst sich am Verteilschlüssel der Steuereinnahmen – 75 Prozent geht an die Kantone, 25 Prozent an den Bund: So komme das Geld nicht der Bevölkerung zugute, sondern der Standortförderung.
Bei der Grünen Partei beurteilt das die St. Galler Nationalrätin Franziska Ryser kritisch: «Diese Umsetzung führt zu einer ungerechten Verteilung der erwarteten Mehreinnahmen.» Über die Hälfte werde bloss vier Kantonen zugute kommen. «Das wird zu einer Verstärkung des Steuerwettbewerbs in der Schweiz führen.» Da geht es um die Standortkantone der internationalen Konzerne wie Roche oder Glencore: Zug, Basel-Stadt, Zürich und Genf.
Eine SP-Finanzpolitikerin, die für die Änderung kämpft, ist Ständerätin Eva Herzog. Sie entgegnet, das Geld bleibe nicht in den Standortkantonen: «Der Finanzausgleich wird umso stärker dotiert, je mehr zu den Kantonen fliesst. Dies durch die Regeln des Finanzausgleichs, weil der Bund dann auch aufstocken muss.»
Ich kann kein Argument nachvollziehen, das hier für ein Nein wirbt.»
Der Verteilschlüssel führe dazu, dass am Ende alle profitieren würden, ist Herzog überzeugt. Und wenn die Kantone ihren Standort attraktiver machten, profitierten davon nicht nur die Unternehmen: «Das bedeutet Massnahmen für Forschung und Entwicklung, attraktivere Bedingungen für Fachkräfte und internationale Arbeitskräfte, Investitionen in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und so weiter.»
Die Gegenseite befürchtet aber Steuersenkungen. Dabei gäbe es für Ryser eine gerechtere Verteilung: «Mit einem grösseren Anteil beim Bund hätten wir eine Bundessteuer gehabt und Ausgaben finanzieren können, die der ganzen Schweiz zugute kommen. Zum Beispiel Massnahmen gegen den Fachkräftemangel oder zur Bekämpfung des Klimawandels.»
Da sich der Verteilschlüssel auf Gesetzesebene anpassen liesse, kommt die Basler SP-Ständerätin Herzog zum Schluss: «Ich kann kein Argument nachvollziehen, das hier für ein Nein wirbt.»