Das Leben ist manchmal kompliziert. Politik auch. Für die SP im Abstimmungskampf zurzeit besonders. Sie empfiehlt ihrer Basis, Mitte Juni ein Nein zur Mindeststeuer-Reform einzulegen. Gegen eine Reform, die zu höheren Steuern führen würde, für exakt jene Unternehmen, welche die SP besonders gerne geisselt: für Grosskonzerne, die auf der Flucht vor hohen Steuern Länder gegeneinander ausspielen.
Nur 16 Prozent der Basis dagegen
Das leuchtet der SP-Basis gar nicht ein. Sie würde zurzeit Ja stimmen. Und zwar mehr als deutlich. Nur gerade 16 Prozent, so zeigt es die erste SRG-Trendumfrage, würden im Moment eher oder bestimmt ein Nein einlegen, so wie es die SP-Delegiertenversammlung empfiehlt. Sogar in der SVP, welche die Reform unterstützt, hat es mehr Gegner. Dort würden zurzeit 20 Prozent zu einem Nein tendieren.
Das Ausmass des Elite-Basis-Konflikts in der SP überrascht, nicht aber die grundsätzliche Skepsis der SP-Wählenden gegenüber der Parole. Seit Jahren muss das Bild der bösen Grosskonzerne herhalten, wenn die SP unliebsame Steuerreformen abschiessen will. Mit Erfolg.
Komplizierter Fall
So bodigte sie die Unternehmenssteuer-Reform drei und weitere Steuervorlagen, bei denen Unternehmen steuerlich hätten entlastet werden sollen. Im Siegesrausch der gewonnenen Steuer-Abstimmungen vergassen wohl zu viele Delegierte, dass es diesmal komplizierter ist, Stimmung zu machen. Statt mit dem einfachen Slogan «Keine Steuergeschenke für Grosskonzerne» in den Abstimmungskampf ziehen zu können, müssen sie nun erklären, dass sie die höheren Steuern zwar auch gut finden.
Dass sie sich aber daran stören, wie die Mehreinnahmen innerhalb der Schweiz verteilt werden sollen, weil dies ihrer Meinung nach den Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen noch stärker anheizen würde. Und dass sie glauben, bei einem Nein liesse sich schnell eine gerechtere Verteilung aufgleisen.
Auf Verliererseite am 18. Juni
Bisher ist diese Message nicht bis zur Basis vorgedrungen. Sicher, es ist noch früh im Abstimmungskampf. Aber spät, wenn es gelingen soll, innert rund fünf Wochen von 16 Prozent Nein-Stimmenden in der eigenen Partei auf über 50 Prozent zu kommen.
An der Urne wird die SP mit ihrem Nein in dieser Frage am 18. Juni fast garantiert auf der Verliererseite stehen, angesichts der überwältigenden Zustimmung in der ersten Umfrage. Wenn es ihr aber nicht gelingt, bei der eigenen Wählerschaft noch besser durchzudringen, wird sie nicht nur gegen die anderen verloren haben. Sondern auch gegen innen.