- Zwei Wochen vor den Abstimmungen hätte eine hauchdünne Mehrheit die Justiz-Initiative abgelehnt.
- Laut SRG-Umfrage wollen 50 Prozent der Befragten die Vorlage ablehnen, 41 Prozent sind dafür.
- 9 Prozent haben sich noch keine Meinung gebildet. Doch der Nein-Trend dürfte sich weiter verstärken.
Die Idee, Richter per Losverfahren zu bestimmen, überzeugt immer weniger. Die Zustimmung zur Justiz-Initiative sinkt, wie die zweite SRG-Umfrage im Auftrag der SRG SSR zeigt. Nur gerade 20 Prozent der Befragten sind bestimmt für die Initiative, während 32 Prozent bestimmt dagegen votieren.
Das sind deutlich mehr als noch vor einem Monat, als sich noch 20 Prozent der Befragten gegen die Vorlage ausgesprochen haben. Demgegenüber hat sich der Ja-Anteil seit der ersten SRG-Umfrage am 9. Oktober kaum verändert.
Hohe 9 Prozent haben sich zum Befragungszeitpunkt noch keine Meinung gebildet. «Die Justiz-Initiative fliegt etwas unter dem Radar neben den beiden anderen Vorlagen Covid-Gesetz und Pflege-Initiative. Daher ist die Meinungsbildung noch nicht weit fortgeschritten», sagt Martina Mousson, Projektleiterin des Forschungsinstitutes gfs.bern.
Der Trend für den 28. November gehe aber eindeutig Richtung Nein, insbesondere weil nun auch die Schwächen der Justiz-Initiative stärker zutage treten. So funktioniert das bestehende Wahlsystem für Bundesrichterinnen und -richter nicht schlecht, wohingegen Kritik am Losverfahren breit vorhanden ist.
Ein Blick auf die Parteilandschaft zeigt, dass die Initiative in der Politik zu wenig breit abgestützt ist. Im Umfeld der SP wich die ursprüngliche Unterstützung innert Monatsfrist knapper Ablehnung. Rechts stieg die Ablehnung ebenfalls und zeigt sich inzwischen mehrheitlich.
«Dafür gibt es eine Art Klammergriff von links und rechts. Befragte grüne Wählerinnen und Wähler sind tendenziell für diese Initiative, ebenso solche aus dem SVP-Umfeld», erklärt Mousson. Die Zustimmung im Lager der Grünen ist jedoch denkbar knapp, jene der SVP-Anhängerschaft bleibt minderheitlich.
Mehrheitlich für die Justiz-Initiative sprechen sich laut Umfrage junge Teilnahmewillige, italienischsprachige, solche mit einem Haushaltseinkommen von weniger als 3000 Franken sowie Regierungs-misstrauische Personen aus. Allen anderen untersuchten Untergruppen sind zwischenzeitlich relativ-mehrheitlich im Nein.
Während 54 Prozent der Befragten, die der Regierung gegenüber eher misstrauisch eingestellt sind, die Initiative befürworten, lehnen sie 59 Prozent derjenigen, die der Regierung vertrauen, ab.
Zudem bleiben die Stimmabsichten sozioökonomisch geprägt. Die Zustimmung sinkt mit dem Haushaltseinkommen. Bei Einkommen bis 3000 Franken ist die Zustimmung deutlich gestiegen, in allen anderen Einkommensgruppen gesunken. Umgekehrt verhält es sich mit der Schulbildung: Die Ablehnung ist bei der tiefsten Bildungsschicht neu am höchsten.
Langfristig scheitern neun von zehn Initiativen. Dieses Schicksal könnte auch der Justiz-Initiative blühen, denn sie zeigt die typische Polarisierung der Meinungsbildung zum Nein hin. «Die Chance, dass das Ja-Lager noch zulegen kann, stehen erfahrungsgemäss schlecht», sagt Martina Mousson. »Wenn eine Initiative bereits unter der 50 Prozent-Marke startet, hat sie an der Urne nur selten Erfolg.»