M. ist über 40 Jahre alt und ein ehemaliger Samenspender. Er ist Naturwissenschaftler, heterosexuell, in einer langjährigen Beziehung und hat selber keine eigenen Kinder. M. hat sich mithilfe von Berichten und Dokumentationen über das Thema informiert. «Ich kam zum Schluss, dass ich das gerne machen möchte, um Paare zu unterstützen, die aus biologischen Gründen keine Kinder bekommen können», sagt M.
Ich kam zum Schluss, dass ich das gerne machen möchte, um Paare zu unterstützen, die aus biologischen Gründen keine Kinder bekommen können.
Er würde seine biologischen Kinder später gerne kennenlernen. Vielleicht fänden sich ja sogar genetische Gemeinsamkeiten, meint er. Er würde sich wünschen, dass sie sich bei ihm melden. Aber es wäre auch kein Problem, wenn die Kinder ihn nicht kennenlernen möchten, das sei schliesslich dann der Entscheid des Kindes, respektive des jungen Erwachsenen.
M. möchte seine Samenspende auch lesbischen Paaren zur Verfügung stellen. Denn für ihn sei das Wichtigste, dass zwei Menschen bewusst Verantwortung für ein Kind übernehmen wollen.
Über 4000 Kinder durch Samenspende geboren
Das Fortpflanzungsmedizingesetz ist seit 2001 in Kraft und verbietet die anonyme Samenspende in der Schweiz. Zum Zeitpunkt der Spende werden die Personalien, der gesundheitliche Status sowie die äussere Erscheinung des Spenders erfasst. Diese Angaben werden bei der Geburt des Kindes dem Eidgenössischen Amt für das Zivilstandswesen (EAZW) gemeldet. Bei Erreichen der Volljährigkeit dürfen die Kinder, die mittels Samenspende gezeugt wurden, beim EAZW Auskunft über den Spender verlangen.
In der Schweiz wurden von 2001 bis 2020 insgesamt 777 Samenspender auf einer Samendatenbank registriert. Durch ihre Spenden wurden in heterosexuellen Ehen 4234 Kinder geboren, das heisst durchschnittlich 5.4 Kinder pro Samenspender. Maximal acht Kinder dürfen pro Samenspender in der Schweiz gezeugt werden.
Nachfrage von lesbischen Paaren
Bei einem Ja zur «Ehe für alle» dürfen nicht nur wie bisher heterosexuelle Paare die Samenspende nutzen, sondern auch lesbische Paare. Peter Fehr, leitender Facharzt für Gynäkologie an der OVA IVF Klinik in Zürich, erwartet keinen all zu grossen Ansturm von lesbischen Paaren auf die Samenbanken, falls die «Ehe für alle» angenommen werden sollte. «Es ist einfach eine neue Gruppe, die wir dann in der Schweiz behandeln dürften. Im Moment haben wir zehn bis zwölf Anfragen konkret für eine erste Beratung», sagt Fehr. Er rechnet in Zukunft mit einer Steigerung von wahrscheinlich 30 Prozent.
Das Kind hat ein Recht auf einen Vater
Das Komitee gegen die «Ehe für alle» befürchtet, dass bei einer Annahme der Vorlage die in der Schweiz verbotene Leihmutterschaft als nächster Schritt folgen könnte. Therese Schläpfer, SVP-Nationalrätin und Mitglied des Komitees gegen die «Ehe für alle», lehnt die Samenspende für lesbische Paare ab.
Das Kind hat erst mit 18 Anspruch darauf, dass es seinen Vater kennenlernen kann.
Sie ist der Meinung, dass der Vater dem Kind nicht entzogen werden darf. «Das Kind hat durch die Samenspende erst mit 18 Jahren Anspruch darauf, dass es seinen Vater kennenlernen kann», argumentiert Schläpfer.
Gute Chancen für «Ehe für alle»
Gemäss der ersten SRG-Umfrage zeigt sich eine Mehrheit für die «Ehe für alle»: 69 Prozent sprechen sich für die Vorlage aus, 29 Prozent sind dagegen.
72 Prozent der Befragten finden auch, dass die «Ehe für alle» ein längst überfälliger Schritt in Richtung Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare sei. Für die Politologin Martina Mousson vom Forschungsinstitut gfs.bern, welches die Umfrage im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hatte, ist eine Annahme der Vorlage sehr wahrscheinlich.