Die Absage an der Urne war wuchtig: Mit 71.5 Prozent Nein-Stimmen schlugen die Luzerner Gemeinden eine finanzielle Beteiligung am Neubau der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde aus. In keiner einzigen der 80 Gemeinden reichte es am Sonntag für ein Ja.
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Aus dem Archiv: Luzern darf kein Geld in den Vatikan schicken
04:02 min, aus Regionaljournal Zentralschweiz vom 25.09.2022.
Bild: Keystone/Ti-Press/Gabriele Putzu
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Damit entgehen der «Stiftung für die Renovation der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde im Vatikan» mit Sitz in Olten 400'000 Franken. Dies gefährde «die Erreichung des angestrebten Spendenziels» allerdings nicht, schreibt die Kasernenstiftung in einer Mitteilung. Weiter zur Sache äussern will sie sich jedoch nicht.
Noch fehlen 7.5 Millionen Franken
Bislang sind für den Neubau 37.5 Millionen Franken in Form von Spenden oder Zusagen beisammen, davon 5 Millionen Franken vom Bund. «Die Stiftung ist zuversichtlich, dass sie in den nächsten Monaten die noch erforderlichen 7.5 Millionen Franken aufbringen kann, um die geschätzten Baukosten von 45 Millionen Franken zu decken», heisst es in der Mitteilung weiter.
Neue Kaserne: Gesamtkosten betragen rund 50 Millionen
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Die Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde in Rom ist 150 Jahre alt und befindet sich in einem schlechten Zustand. Der Neubau soll nicht nur diese Mängel beheben, sondern auch mehr Raum bieten. Denn das Korps hat seinen Bestand seit 2019 von 110 auf 135 Gardisten erhöht.
Die Baukosten dürften rund 45 Millionen Franken betragen. Hinzu kommen rund 5 Millionen Franken für die Unterbringung der Gardisten während des Umbaus. Letztere Ausgaben werden vom Vatikan getragen, der danach auch für den Unterhalt der Kaserne zuständig ist.
Für die Finanzierung wurde die Kasernenstiftung mit Sitz in Olten gegründet. Sie koordiniert die Sammlung der Gelder. Zahlen sollen Private, Körperschaften, juristische Personen und die öffentliche Hand.
Gleichwohl bedauert die Kasernenstiftung, «dass der Kanton Luzern, der traditionell enge Beziehungen zur Garde unterhält, sich nicht an der Finanzierung des Projekts beteiligt».
Zwischen Luzern und dem Militärkorps des Heiligen Stuhls besteht tatsächlich seit je her eine grosse Nähe: 24 der 35 bisherigen Kommandanten stammen aus dem Kanton, so auch der aktuelle Kommandant Christoph Graf. Zudem leisten derzeit 23 Luzerner Dienst in der 135-köpfigen Schweizergarde.
Das Kommando der Päpstlichen Schweizergarde nimmt den Entscheid der Luzerner Stimmbevölkerung «mit Enttäuschung» entgegen, wie Sprecher Stefan Wyer auf Anfrage schreibt. «Es nimmt aber auch zur Kenntnis, dass dies kein Misstrauensvotum gegen die Garde selber ist.»
Zu diesem Schluss komme das Kommando aufgrund entsprechender Äusserungen im Kantonsparlament wie auch während des Abstimmungskampfes vonseiten der Gegnerschaft. Wyer: «Die Schweizergarde geniesst ein nach wie vor hohes Ansehen.»
Zahlen oder nicht? In Baselland steht Entscheid noch an
Nach dem gestrigen Volksentscheid in Luzern ist einzig noch im Kanton Baselland offen, ob sich hier die öffentliche Hand am Kasernen-Neubau beteiligt. «Die Regierung wird diese Frage voraussichtlich diese Woche beraten», sagt Regierungssprecher Nic Kaufmann auf Anfrage. Um wie viel Geld es geht, kommuniziert Baselland nicht im Voraus. «Zur Debatte steht ein Beitrag aus dem Swisslos-Fonds, den die Regierung in eigener Kompetenz beschliessen kann.»
Insgesamt haben 17 Kantone eine finanzielle Beteiligung in der Höhe von 4.1 Millionen Franken zugesichert. Einzig in Luzern wurde die Frage bezüglich eines Beitrags an den Kasernen-Neubau an der Urne geklärt. Dafür gesorgt haben die Freidenker-Vereinigung Schweiz sowie SP, Grüne, GLP und die Jungfreisinnigen, die seinerzeit gemeinsam das Referendum ergriffen hatten.
Fast Dreiviertel sagten Nein – das sind die Gründe
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Dass Luzern den 400'000-Franken-Beitrag an die neue Kaserne mit 71.5 Prozent Nein-Stimmen geradezu abschmettern würde, hat viele überrascht. «Das klare Nein habe ich so nicht erwartet», sagt denn auch Annegreth Bienz-Geisseler, Präsidentin des Synodalrats, der Exekutive der römisch-katholischen Landeskirche.
Sie wertet das Nein als Kritik am Vatikan, unter anderem als Denkzettel für die vielen Missbrauchsfälle in der Kirche. «Viele waren auch der Meinung, der Vatikan verfüge über genügend Finanzen, um den Neubau selber zu stemmen.»
Kein Misstrauensvotum an Kirche vor Ort
Den Volksentscheid als Signal gegen die katholische Kirche von Luzern zu interpretieren, hält die Präsidentin des Synodalrats indes für verfehlt. «Die Kirchenarbeit vor Ort wird sehr geschätzt», sagt Annegreth Bienz. Dennoch zeige das Resultat einmal mehr: Es sei wichtig, als Kirche bei den Menschen präsent zu sein und über die eigenen Tätigkeiten zu informieren.
Auch Karin Stadelmann, Vizepräsidentin der Luzerner Mitte, will den Volksentscheid nicht als Misstrauensvotum gegenüber dem Glauben werten.
Freidenker: «Kirche und Staat klar trennen»
Für die Freidenker-Vereinigung wiederum, die das Referendum gegen die Beteiligung ergriffen hat, ist klar: «Das ist ein Zeichen, dass Kirche und Staat klar getrennt werden müssen.»
Die SP, die Seite an Seite mit der Freidenker-Vereinigung gegen den Beitrag gekämpft hat, ortet die Gründe für die Absage in der Finanzstrategie des Kantons der letzten Jahre. Die Bevölkerung könne es offensichtlich nicht nachvollziehen, dass Luzern Sparpakete schnüre, dann aber Geld in den Vatikan schicken wolle.
Regionaljournal Zentralschweiz, 26.09.2022, 12:03 Uhr
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