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Bauen im Keller Um der Platznot zu entkommen, bauen Superreiche in die Tiefe

Immer mehr Menschen erweitern ihren Wohnraum unter der Erde – ein Trend, der durch internationale Konflikte noch verstärkt wird.

In Puidoux im Kanton Waadt wurde ein ehemaliger Stall von der Familie von Jean-Daniel Rey, die das Gebäude seit den 1950er-Jahren besitzt, zu einem Zweitwohnsitz umgebaut. Der Stall wurde in ein Häuschen umgewandelt, das lediglich aus einer Küche und einem Schlafzimmer besteht, die Toilette befindet sich im Aussenbereich.

Rey und seine Frau wollten jedoch erweitern und die Sanitäranlagen integrieren. Dafür hätten sie keine andere Wahl gehabt, als in die Tiefe zu gehen, wie sie dem Westschweizer Sender RTS erklären: «Da es sich um ein Gebiet handelte, das aufgrund der Gesetzgebung nur schwer erweitert werden konnte, mussten wir graben. Wir sind von knapp 60 Quadratmetern auf deutlich über 100 Quadratmeter gekommen.»

Ursprünglich wurden Untergeschosse für Keller, Schutzanlagen oder etwa technische Räume genutzt, die man lieber verstecken wollte. Heute sieht die Sache etwas anders aus.

Wirtschaftliche Optimierung

Das sieht man auch in Genf, bei der Villa Mundi, dem Hauptsitz des Weltwirtschaftsforums. Architekt Patrice Reynaud, der die Renovierung des Gebäudes 2023 leitete, erklärt, dass das Graben in die Tiefe die einzige Möglichkeit gewesen sei, die Fläche dieses denkmalgeschützten Hauses zu vergrössern: «Wir mussten Raum schaffen und dabei das bestehende Gebäude erhalten.»

Moderne Villa mit Gartenweg und Bäumen.
Legende: Die Villa Mundi in Cologny, Genf RTS

Diese Renovierung ermöglichte es, die Fläche des Hauses zu verdoppeln, von 800 Quadratmetern auf fast 1750 Quadratmeter. «Das sind Flächen, die mehr Wert als ein Keller oder klassische Untergeschosse haben, daher gibt es ein wichtiges wirtschaftliches Interesse daran.»

Wie viele solcher Unterhöhlungen es gibt, ist schier unmöglich herauszufinden, da es keinen Gesamtüberblick über unterirdische Bauten in der Schweiz gibt. Die Baugenehmigungen werden von den Gemeinden erteilt und die meisten verfügen nicht über solche Datenbanken.

Sicherheit oder Fantasie?

Der Bau unter der Erde ist oft aber auch sicherheitsmotiviert. In der Schweiz ist die Notwendigkeit eines Schutzraumes wohlbekannt. Dennoch hat sich dieser Trend in den letzten Jahren auch unter den Superreichen verbreitet. Nach Yachten und Privatinseln kaufen Milliardärinnen und Milliardäre nun Luxusbunker. Zum Beispiel hat Meta-Chef Mark Zuckerberg kürzlich einen befestigten Komplex für 100 Millionen Dollar unter seinem Anwesen auf Hawaii bauen lassen.

Luftaufnahme eines grossen Anwesens mit Gebäuden auf Hawaii.
Legende: Mark Zuckerberg hat sich auch dafür entschieden, seinen Wohnsitz teilweise zu unterhöhlen. RTS

Auch die Schweiz bilde keine Ausnahme, erklärt Christian Sinigagia, ein Spezialist für Atombunker, der zunehmend für Luxusbunker angefragt wird. Eines seiner jüngsten Projekte war ein 300 Quadratmeter grosser Bunker, konzipiert für drei Personen, mit einem Wohnbereich, Hammam, Schwimmbad und Sauna.

Douglas Rushkoff, Autor mit Schwerpunkt auf Technologie, erklärt, dass der Wunsch der Superreichen, sich in Luxusbunkern zu vergraben, auch mit einer gewissen Fantasie zusammenhängt: «Für manche beruht die Idee eines apokalyptischen Bunkers nicht auf einer Zukunftsangst, sondern auf dem Wunsch, eine technologische, vorhersehbare und sichere Blase zu schaffen, eine virtuelle Realität, in der sie ohne die Risiken des realen Lebens leben könnten».

RTS basik, 24.3.2025, 20:10 Uhr;stal

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