In der Schweiz gibt es kein ausdrückliches Verbot, Früchte und Gemüse abzutasten, bevor man die Produkte ins Einkaufskörbli legt. Weder auf Bundesebene noch in den kantonalen Gesetzen wird diesbezüglich etwas erwähnt.
Allerdings weist das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) darauf hin, dass «Lebensmittel, die verkauft werden, sicher und hygienisch einwandfrei sein müssen».
«Die Ernte erfolgt hauptsächlich von Hand. Und auch bei Gemüse, das maschinell geerntet wird, kommt es irgendwo in der Verarbeitungskette, etwa beim Sortieren oder Verpacken, zu Hautkontakt», sagt Olivier Borgeat vom Branchenverband für Obst und Gemüse im Wallis gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS). «Selbstverständlich gelten auch dabei Hygienevorschriften.»
Was die Detailhändler empfehlen
Sowohl Coop, Migros, Aldi, Lidl und Denner als auch Manor bieten Früchte und Gemüse in der Regel unverpackt im Selbstbedienungsbereich an.
Sie empfehlen ihren Kundinnen und Kunden, die Produkte möglichst wenig zu berühren.
Bei Migros werden die empfindlichsten Früchte- und Gemüsesorten selten lose verkauft. Die Kundschaft wird gebeten, die Produkte vorsichtig zu handhaben und möglichst Plastiksäckchen zu verwenden.
Olivier Borgeat im Gespräch mit RTS (dt. Untertitel)
Ähnliches gilt bei Manor, wo der Sprecher betont, dass die Kunden nur die Produkte berühren sollen, die sie auch kaufen möchten.
Bei Denner gibt es keine verbindlichen Verhaltensregeln. Der Schwerpunkt liegt auf der Schulung der Mitarbeitenden, die lernen, Obst und Gemüse besonders schonend zu behandeln und regelmässig zu kontrollieren.
Lidl Schweiz empfiehlt, Obst und Gemüse mit den Augen auszuwählen: «Unsere Produkte sind frisch, deshalb ist es nicht nötig, sie anzufassen oder zu drücken.» Bei Aldi Schweiz vertraut der Pressedienst auf den gesunden Menschenverstand der Kundinnen und Kunden und empfiehlt, Obst und Gemüse vor dem Verzehr mit kaltem Wasser abzuwaschen.
Coop schliesslich teilt RTS mit, dass das lose angebotene Obst und Gemüse frisch und optimal gereift sei. Es bestehe daher keine Notwendigkeit, die Ware anzufassen.
Auswahl mit den Augen als Ziel
Je nach Frucht oder Gemüse sind Reifeunterschiede allerdings mit blossem Auge schwer erkennbar. «Bei bestimmten Steinobstarten wie Aprikosen, Kirschen und Zwetschgen ist das besonders schwierig», bestätigt Olivier Borgeat. «Eine gleichmässige Reife zu erreichen, ist eine echte Herausforderung.»
Zur Bewältigung dieses Problems werden Lösungen entwickelt. Auch Borgeat und seine Kolleginnen und Kollegen arbeiten daran: «Wir haben bereits robustere Sorten gezüchtet, etwa die Walliser Aprikosen. Die Herausforderungen sind allerdings vielfältig, diese neuen Sorten müssen den Konsumierenden sowohl geschmacklich als auch optisch zusagen.»
Hoher Verlustanteil durch Abtasten
Durch das Anfassen von Früchten und Gemüse können jedoch nicht nur Bakterien, Keime und andere schädliche Stoffe übertragen werden. Es erhöht auch den Anteil der Ware, die verdirbt und somit gar nie auf dem Teller landet.
«Wir haben keine genauen Zahlen dazu, wie hoch der Verlustanteil an Früchten und Gemüse durch Abtasten ist», sagt Borgeat. «Allerdings landet in den USA nur etwa jedes zweite Gemüse tatsächlich beim Verbraucher. In Europa ist der Anteil geringer, aber es wird geschätzt, dass etwa dreissig Prozent verloren gehen.»