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Nato-Verteidigungsbudget Die Nato und Trumps «unmögliche» Forderung der Finanzierung

Der designierte US-Präsident drängt Nato-Mitgliedsstaaten dazu, ihre Militärausgaben zu erhöhen. Doch neun der 32 Staaten erreichen bereits jetzt nicht die aktuell geforderten Ausgaben.

Bereits während seiner ersten Amtszeit forderte Donald Trump 2018 Europa auf, das Portemonnaie zu öffnen, um die militärische Schlagkraft zu erhöhen. Vergangene Woche, kurz vor seinem zweiten Amtsantritt, forderte er die Nato-Mitgliedsstaaten auf, künftig fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung aufzuwenden. Ein realistisches Ziel?

Historisch gesehen haben nur die USA und Grossbritannien, vor allem während des Kalten Krieges, noch mehr ausgegeben. Das zeigen die Daten des Stockholmer Friedensforschungs-Instituts Sipri.

Nachdem der Angriffskrieg auf die Ukraine fast in ganz Europa für eine Aufstockung der Waffenarsenale gesorgt hat, sieht die Situation vor dem Hintergrund von wirtschaftlich schwierigen Zeiten anders aus: Gegen sieben Nato-Staaten wurde just ein Defizitverfahren von der EU eingeleitet.

«Fünf Prozent des BIP entsprechen mehr als 200 Milliarden Euro pro Jahr, der Bundeshaushalt erreicht nicht einmal 500 Milliarden Euro», erinnerte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz diese Woche am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Bielefeld. Dies wäre nur erreichbar «mit massivsten Steuererhöhungen oder massivsten Kürzungen für viele Dinge, die für uns wichtig sind», sagte Scholz.

Person im Anzug gestikuliert.
Legende: «Fünf Prozent des BIP entsprechen mehr als 200 Milliarden Euro pro Jahr, der Bundeshaushalt erreicht nicht einmal 500 Milliarden Euro», sagt Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz. KEYSTONE/EPA/FILIP SINGER

Er versprach jedoch, dass Berlin an den aktuellen Vorgaben, zwei Prozent des BIP, festhalten werde. Diese wurden 2014 festgelegt, Deutschland hat sie 2024 erstmalig erreicht. Dass die von Trump gewünschten fünf Prozent nicht erreichbar seien, unterstreicht auch der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius, der sich am Montag in Polen mit Amtskollegen aus Grossbritannien, Frankreich, Italien und Polen traf.

Auch die übrigen europäischen Verbündeten sehen das ähnlich. «Eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets in der Zeit einer Wirtschaftskrise ist kompliziert», räumte etwa Guido Crosetto, der italienische Verteidigungsminister, ein.

Der Vergleich mit der Schweiz

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Die Schweiz ist kein Mitglied der Nato, intensivierte jedoch in den letzten zwei Jahren die Zusammenarbeit. Trotzdem gibt es seitens der Nato keine Forderung, die Ausgaben zu erhöhen. Das neue Budget der Schweiz sieht vor, 6.3 Milliarden Franken für die Armee auszugeben. Bei einem BIP von rund 800 Milliarden Franken wäre dies weniger als ein Prozent. Würde der Bund die Nato-typischen zwei Prozent aufbringen, wären weitere zehn Milliarden Franken nötig. Für eine Fünf-Prozent-Hürde gar 40 Milliarden – praktisch die Hälfte des Bundeshaushalts von 86.5 Milliarden Franken.

Volle Unterstützung erhält Trump indes nur von Polen, welches sich rasch zur Ausgaben-technischen Militärmacht in Europa entwickelt. Das Land hat seine Anstrengungen dazu in den vergangenen zwei Jahren praktisch verdoppelt – und erreicht die Fünf-Prozent-Hürde trotzdem nicht. Auf der anderen Seite haben auch die USA selbst Mühe, sich über drei Prozent zu halten, auch wenn das in absoluten Zahlen natürlich deutlich mehr ist, als bei den restlichen Mitgliedstaaten. Trump fordert also enorm viel.

Laut Quellen der britischen Zeitung «Financial Times» von Mitte Dezember könnte es aber zu einem Kompromiss kommen: Die Nato-Staaten sollen sich am Gipfeltreffen in Den Haag diesen Juni auf einen Mindestsatz von drei Prozent ab 2030 einigen. Nato-Generalsekretär Mark Rutte wollte sich dazu nicht äussern.

Das ist ein hohes Ziel, wenn man bedenkt, dass auch heute neun der 32 Nato-Staaten, darunter Italien und Spanien, nicht einmal die aktuelle Zwei-Prozent-Hürde erreichen. Vor dem Start des Krieges in der Ukraine, im Jahr 2021, lagen sechs Mitglieder unter dieser Grenze.

Echo der Zeit, 14.1.2025, 18 Uhr

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