In der Schweiz wird alle zwei bis drei Wochen eine Frau von einem Mann getötet. 2024 gab es gemäss feministischen Organisationen 19 Femizide im Land. Seit Beginn des Jahres 2025 wurden bereits acht Frauen von Männern getötet. Hinzu kommen versuchte Femizide, wie jener vom 21. Januar in Lausanne, als ein mit Messer und Pistole bewaffneter Mann seine Partnerin am frühen Morgen auf offener Strasse angriff.
Der ganze Bericht von «Mise au point» mit deutschen Untertiteln:
In den offiziellen Statistiken tauchen nicht alle dieser Gewalttaten auf. In diesem Jahr ereignete sich der erste mutmassliche Femizid am 14. Januar in Vouvry VS. Er wird von den Walliser Behörden jedoch nicht als solcher bezeichnet. Sie sprechen von einem tragischen Todesfall, nicht aber von einem Mord.
Behörden vermeiden Begriff «Femizid»
«Wir verstehen, dass die Polizei und die Staatsanwaltschaft nicht zu weit vorpreschen können, da rechtlich gesehen immer die Unschuldsvermutung gelten muss», erklärt Mirjam Grob, Mitglied des Netzwerks gegen Femizide, gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS). Dabei gebe es durchaus Begriffe, die aus juristischer Sicht weniger heikel seien, wie zum Beispiel «potenzieller Femizid».
Feministische Kollektive halten es für wesentlich, besser über solche Tragödien zu berichten, damit diese Taten nicht unsichtbar bleiben. Die Walliser Kantonsbehörden hingegen sagen, sie gewichteten den Respekt gegenüber der Familie des Opfers und des Täters aufgrund der Unschuldsvermutung höher.
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«Es ist wichtig, die Interessen sowohl der Täter als auch der Opfer zu wahren, und wir müssen nicht mehr Informationen preisgeben als nötig», sagt Béatrice Pilloud, Generalstaatsanwältin des Kantons Wallis. «Wir haben ein Strafgesetzbuch, an das wir gebunden sind. Das ist auch der Hauptgrund, warum wir den Begriff Femizid nicht verwenden. Denn er existiert im Strafgesetzbuch nicht.»
Überfüllte Aufnahmezentren
Neben der Berichterstattung über männliche Gewalt braucht es nach Ansicht feministischer Organisationen auch mehr finanzielle Mittel, um die Prävention zu verstärken. So seien manche Unterkünfte überlastet, die Gewaltopfern Schutz böten.
Zum Beispiel das Aufnahmezentrum Malley Prairie in Lausanne. Es verfügt über etwa 20 Zimmer für Opfer von häuslicher Gewalt und ihre Kinder. Dessen Leiter Philippe Bigler stellt eine steigende Nachfrage fest. «Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren empfiehlt eine Auslastung von 75 Prozent. Bei uns sind es jedes Jahr 97 Prozent», erklärt er.
Unter diesen Umständen sei die Unterkunft nicht in der Lage, Notfallsituationen sofort zu bewältigen. «Im Jahr 2023 konnten 80 Frauen nicht an dem Tag ins Zentrum aufgenommen werden, an dem sie es wollten», betont Bigler. Und im Jahr 2024 sei das sogar bei 120 Frauen der Fall gewesen.
Angesichts der sehr hohen Zahl von Femiziden zu Beginn dieses Jahres und der steigenden Nachfrage in Frauenhäusern schlagen Interessenorganisationen Alarm. Ende Februar haben Brava und Campax eine Online-Petition gestartet. Zusammen mit Dutzenden anderen Kollektiven fordern sie vom Bund, 350 Millionen Franken für die Sicherheit von Frauen freizugeben.