- Die Stimmberechtigten hätten Anfang August die zwei Abstimmungsvorlagen zur AHV-Reform mit deutlichen Mehrheiten angenommen. Dies ist das Ergebnis der ersten SRG-Umfrage.
- Männer befürworten ein höheres Rentenalter für Frauen weit mehr als die Frauen.
- Ausser der SP-Wählerschaft stellt sich keine andere Wählergruppe gegen die AHV-Reform.
- Aufgrund des Vorsprungs der Ja-Seie und der argumentativen Haltungen scheint die Annahme der Reform warscheinlicher als die Ablehnung.
Eine Mehrheit von 64 Prozent spricht sich zurzeit für die Erhöhung des Rentenalters auf 65 für Frauen aus. Lediglich 33 Prozent der Befragten sind gegen die Gesetzesänderung (AHV 21).
Der zweiten Vorlage, der Zusatzfinanzierung der AHV mittels einer Erhöhung der Mehrwertsteuer, stimmen zurzeit 65 Prozent zu, 29 Prozent lehnen diese ab. 6 Prozent sind noch unentschlossen.
Die Ja-Seite hat damit Anfang August einen Vorsprung von 31 Prozentpunkten bei der AHV-Gesetzesrevision mit der Rentenalterhöhung und gar 36 Prozentpunkte Vorsprung bei der Zusatzfinanzierung. Dies zeigt die Erhebung der ersten SRG-Umfrage durch das Institut GFS Bern.
Über 60 Prozent der Befragten haben bereits eine feste Stimmabsicht. «Stand heute spricht mehr für ein Ja als für Nein zu dieser AHV-Reform», sagt Martina Mousson, Politologin bei GFS Bern.
«Aber wir stehen erst am Anfang des Abstimmungskampfes und viele Leute haben sich noch nicht in der Tiefe mit dem Thema befasst», so Mousson.
Streitpunkt höheres Rentenalter für Frauen
Bei der AHV-Doppelvorlage zeigt sich ein deutlicher Geschlechterunterschied: Während sich 74 Prozent der Männer für die AHV 21 aussprechen, sind es bei den Frauen nur 52 Prozent – mit der Rentenaltererhöhung sind sie auch ausdrücklich betroffen. Bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer ist der Unterschied mit nur vier Prozentpunkten hingegen weitaus geringer.
Derzeit seien die Männer stärker mobilisiert als die Frauen, sagt Politologin Mousson. Die Frauen zeigten sich in der AHV-Frage gemäss der ersten Umfrage noch nicht so kritisch, wie man das erwarten würde.
SP einsam dagegen
Parteipolitisch stellt sich aktuell ausser Sympathisanten der SP (51 Prozent Nein) niemand gegen die AHV 21. Selbst bei Wählerinnen und Wählern der Grünen überwiegt der Ja-Anteil mit 51 Prozent. Von der GLP über die Mitte bis zur bürgerlichen Rechten liegt die Zustimmung zur AHV 21 bei 69 Prozent (SVP) und darüber.
Bei der Zusatzfinanzierung sieht es etwas anders aus: Alle Parteiwählerschaften stimmen der Vorlage mehrheitlich zu, auch Grüne- und SP-Sympathisanten mit 67 respektive 66 Prozent. Selbst Parteiungebundene (54 Prozent) und Wählende der SVP (56 Prozent) tragen die Mehrwertsteuer-Erhöhung klar mit.
Unter Betrachtung der Altersgruppen stimmen Pensionierte über 65 Jahren mit 72 Prozent am deutlichsten für die AHV 21. Selbst unter 40-Jährige unterstützen die Erhöhung des Frauenrentenalters mit 63 Prozent. Aber bei der Mehrwertsteuererhöhung ist diese Altersgruppe am zurückhaltendsten.
Betrachtet man die wichtigsten Argumente zu den AHV-Vorlagen, zeigt die SRG-Umfrage, dass die Befürworter-Seite klar dominiert: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer – und damit auch eine Erhöhung für Rentner – stärkt die Solidarität zwischen den Generationen. Gestützt wird auch das Argument, die AHV nicht auf Kosten der nächsten Generation auszuhöhlen und die AHV zu sichern, ohne die Renten kürzen zu müssen.
Argument Geschlechterfrage
Die stärksten Argumente drehen sich aber um die Geschlechterfrage: Es gebe keinen Grund, dass Frauen früher pensioniert werden als Männer, wird zwar von 63 Prozent der Befragten gestützt – aber mehrheitlich von Männern. Und beim Gegenargument, solange Frauen für gleiche Arbeit weniger Lohn erhalten, komme eine Rentenerhöhung nicht infrage, zeigt sich eine Patt-Situation von jeweils 48 Prozent.
In den vergangenen 25 Jahren sind alle Versuche gescheitert, die AHV längerfristig zu reformieren. Einzig 2019 wurde eine Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) angenommen, mit der Lohnbeiträge angehoben wurden. Längerfristig reicht das aber nicht aus. Diese Ausgangslage könnte eine wichtige Motivation für die Stimmberechtigten sein.
Die Dringlichkeit einer Reform sei bekannt, sagt Politologin Mousson. «Die Reform der AHV ist ja eine Sorge in der Schweiz, schon seit Jahrzehnten. Das zeigt auch das regelmässige ‹Sorgenbarometer›. Mittlerweile ist es die x-te Reform und man muss einfach mal einen Entscheid fällen.»