- Anfang August hätten 49 Prozent für die Änderung des Verrechnungssteuergesetzes gestimmt und 35 Prozent dagegen. Dies ist das Ergebnis der ersten SRG-Umfrage.
- Einzig linke Wählerschaften und Teilnahmewillige mit tiefem Einkommen lehnen die Vorlage ab.
- Die Meinungsbildung ist wenig gefestigt, der Abstimmungsausgang offen.
Heutzutage sind für Zinseinkommen 35 Prozent Verrechnungssteuer fällig. Privatpersonen im Inland erhalten die Steuer zurück, wenn sie die Zinseinnahmen in der Steuererklärung deklarieren. Die Steuer fällt auch auf Zinsen aus im Inland ausgegebenen Obligationen an. Ein Nachteil für die Schweizer Wirtschaft, findet der Bundesrat.
Damit künftig mehr Obligationen im Inland emittiert werden, soll die Verrechnungssteuer auf neu ausgegebenen inländischen Obligationen fallen. Diese Obligationen würden so für hiesige Anleger und Anlegerinnen attraktiver. Weil die Linke das Referendum gegen die Gesetzesänderung ergriffen hat, hat nun das Volk am 25. September das letzte Wort.
Wenig mediale Aufmerksamkeit
Gemäss der ersten SRG-Umfrage, welche das Forschungsinstitut GFS Bern im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hat, befürworten 49 Prozent der Befragten die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer, 35 Prozent sind dagegen. 16 Prozent haben sich noch nicht entschieden. Das sind zu diesem Befragunszeitpunkt vergleichsweise viele. Die Meinungsbildung ist noch wenig fortgeschritten.
Weshalb derart viele Unentschlossene? «Es ist eine Kombination aus verschiedenen Faktoren: Das Thema erhält wenig mediale Aufmerksamkeit, ist komplex und viele ringen auch inhaltlich mit dem Entscheid», erklärt Politikwissenschafterin Martina Mousson von GFS Bern.
Grüne- und SP-affine Wählerschaften lehnen die Vorlage ab, alle anderen Wählergruppen hätten sie angenommen, wenn auch teilweise äusserst knapp (50 Prozent bei der GLP). Am deutlichsten ist die Ablehnung bei der SP mit 54 Prozent, die deutlichste Zustimmung zur Vorlage findet sich bei FDP-nahen Wählerinnen und Wählern.
«Der Rechts-links-Graben zeigt sich trotz des weniger fortgeschrittenen Meinungsbildes bereits deutlich», so Mousson.
Völlig offenes Rennen
Neben der Parteisympathie ist das Haushaltseinkommen für einen Stimmentscheid massgebend: Je höher das Einkommen, desto höher fällt die Zustimmung zur Änderung des Verrechnungssteuergesetzes aus. Und ausserhalb der linken Wählerschaften lehnen einzig Teilnahmewillige mit Haushaltseinkommen zwischen 3000 und 5000 Franken die Vorlage (relativ-)mehrheitlich ab.
Die Wirkungsanalyse der Argumente zeigt, dass die frühe Meinungsbildung stark von der Befürworter-Seite geprägt ist. Die drei wirksamsten Argumente stammen alle aus dem Pro-Lager, jedoch wird keines von einer absoluten Mehrheit unterstützt.
Ohne Kenntnis der Dynamik der Meinungsbildung müsse der Abstimmungsausgang am 25. September 2022 offengelassen werden, teilt GFS Bern mit.